Donnerstag, 11. Januar 2018
Therapie für Deutschland
Nach dem gescheiterten Parteiausschlußverfahren gegen den baden-württembergischen Landtagsabgeordneten Wolfgang Gedeon aus der AfD haben führende Politiker der Partei bekräftigt, daß dies keine Akzeptanz von dessen Aussagen oder Überzeugungen nach sich ziehe.
Der Nicht-Parteiauschluss bedeute lange nicht, daß die Positionen Gedeons „zum anerkannten Meinungsspektrum der Partei gehören“, stellte der Ko-Vorsitzende der AfD Baden-Württemberg, Marc Jongen, gegenüber der JUNGEN FREIHEIT klar. „Die Entscheidung des Landesschiedsgerichts, das Verfahren wegen formaler Mängel im Antrag einzustellen, ist aufgrund der Sachlage wohl juristisch gerechtfertigt. Ich bedaure es aber sehr, daß keine inhaltliche Entscheidung getroffen worden ist. Dies gibt Herrn Gedeon Gelegenheit, das Urteil als einen ‘Freispruch’ für sich darzustellen, was nicht zutrifft“, betonte Jongen.
„Antisemitismus hat keinen Platz in der AfD“
Man müsse zur Kenntnis nehmen, daß das deutsche Parteienrecht die Hürden für einen Parteiausschluß sehr hoch ansetze. Für den Landesvorstand sei das juristische Verfahren damit zwar abgeschlossen; er sei jedoch schon immer der Meinung gewesen, daß der Fall Gedeon nicht primär einer juristischen, sondern einer politischen Lösung bedürfe, ist Jongen überzeugt. „Das heißt, auch wenn Herr Gedeon nicht aus der Partei ausgeschlossen werden kann, so muß doch klar gemacht werden, daß die Positionen, wegen derer das Verfahren angestrengt wurde, in der AfD nicht willkommen sind.“
Wichtig sei, zu begreifen, daß für einen Parteiausschluss eindeutige Beweise der Parteischädigung hätten vorliegen müssen. Diese sah das Schiedsgericht offensichtlich nicht vorliegen, obwohl der Antrag des Vorstands laut Jongen „eine Fülle von Aussagen Gedeons von eindeutiger Tendenz“ enthielt und außerdem diverse Gutachten vorlagen. Er vermute jedoch, daß aufgrund der formalen Hürden auch zusätzliche Eingaben des Parteivorstands im Verfahren nicht zu einem Ausschluß geführt hätten. Schließlich sei es auch der SPD nicht möglich gewesen, „Herrn Sarrazin auszuschließen, obwohl er in vielfacher Hinsicht konträr zu deren Parteiprogramm steht“, stellte der AfD-Bundestagsabgeordnete fest. Das wichtigste sein indes klarzustellen, daß „Antisemitismus nach diesem Urteil genauso wenig einen Platz in der AfD hat wie vorher“.
Auch der AfD-Bundesvorsitzende Jörg Meuthen betonte, das Verfahren sei lediglich ein juristischer Vorgang gewesen. Gedeon könne dadurch zwar „einfaches Mitglied“ in der Partei bleiben, dürfe jedoch auf keinen Fall wieder eine herausragende Funktion übernehmen, sagte der Parteichef der JF. Er sei sich zudem sicher, so Meuthen, daß es in der Stuttgarter Landtagsfraktion nicht die notwendige Mehrheit für einen Wiederaufnahmeantrag Gedeons geben werde.
Kontroverse Debatte in Landtagsfraktion
Wie die JF erfuhr, wurde das Thema auf der Klausurtagung der Landtagsfraktion am vergangenen Wochenende kontrovers und teilweise lautstark debattiert. So seien etwa die Kandidaten bei der Wahl für einzelne Sprecherposten von Kollegen nicht nur zur Sache, sondern auch zu ihrer Einstellung zu Gedeon befragt worden. Nach Einschätzung von Insidern lehnen mindestens fünf bis sechs Abgeordnete eine möglicherweise beantragte Wiederaufnahme Gedeons auf jeden Fall ab.
Unterdessen zeigte sich Gedeon zufrieden mit dem bisherigen Ausgang des Verfahrens. Dieses sei vorerst gescheitert, schrieb der AfD-Abgeordnete auf seiner Facebook-Seite, da die Vorwürfe gegen ihn vom Schiedsgericht als offensichtlich unbegründet zurückgewiesen worden seien. „Somit ist der Fall eindeutig zu meinen Gunsten entschieden worden und ich verbleibe in der AfD.“ Dies sei, so der fraktionslose Abgeordnete, eine „erfreuliche Nachricht“.
Gleichzeitig kündigte er an, den Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, verklagen zu wollen. Hintergrund ist die Weigerung Schusters, eine Unterlassungserklärung Gedeons zu unterzeichnen. Der Zentralratspräsident hatte dem AfD-Politiker vorgeworfen, in seinen Schriften den Holocaust zu leugnen. Dies weist Gedeon zurück. Er habe den Holocaust nie angezweifelt, sondern diesen als schweres Verbrechen verurteilt. JF
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