Stationen

Montag, 1. Januar 2018

Uns wird wohl nichts anderes mehr übrig bleiben

»Deutschland ist nichts, aber jeder einzelne Deutsche ist viel, und doch bilden sich letztere gerade das Umgekehrte ein. Verpflanzt und zerstreut wie die Juden in alle Welt müssen die Deutschen werden, um die Masse des Guten ganz und zum Heile aller Nationen zu entwickeln, das in ihnen liegt.«  Goethe

Als Goethe das sagte, war Napoleon zwar gerade dabei, aus 300 deutschen Zwergstaaten 30 halbstarke, mittelgroße Staaten zu machen, aber dass Bismarck aus den 30 später ein Reich schmieden würde, konnte er damals offenbar noch nicht ahnen.
Inzwischen sorgen 1. die seit 68 immer unerbittlicher fortschreitende allgemeine Einebnung, 2. der Geburtenrückgang, der die Frauen in abends genauso müde Arbeitsmaschinen wie ihre Gatten bzw. Lebensabschnittsgefährten verwandelt hat und 3. der Import von Völkern mit bärenstarker Identität durch deren schiere Fremdartigkeit und Unbefangenheit dafür, dass deutsche Kultur fürderhin nur noch in der Diaspora möglich sein wird.

Denn unsere Klassiker werden in Deutschland seit mehr als einem halben Jahrhundert von immer zahlreicher werdenden Literaturworkern verspottet, während die wenigen "Bildungsbürger", die ihnen noch huldigen, unseren Klassikern durch ein unsäglichesPlatitüdenrepertoire sogar noch mehr schaden. Denn in ihren Mündern verwandeln sich selbst noch die klügsten Zitate durch irrelevante Kontextualisierung in Eseleien und am Ende klingt Goethe immer wie Wilhelm Busch und umgekehrt: altklug, schlecht gelaunt und abgeschmackt.

Uns fehlen Männer wie Roberto Benigni, der den halben Dante auswendig weiß und in der Lage ist, 700 Jahre alten Texten gerecht zu werden und dabei sogar witzige Bezüge zur Gegenwart herzustellen und auf diese Weise tausende Menschen auf Plätzen in den italienischen Städten zu abendfüllenden Programmen versammelt.

Die italienische Kultur wird auch in 100 Jahren noch ambitionierte Fremde in Italien zu Italienern machen, denn in Italien gibt es kein Sozialsystem, das Einwanderer anlocken könnte, um durch Überfüllung zugrunde zu gehen, dafür aber sogenannte Ausländer-Universitäten, die eigens eingerichtet wurden, um Fremden die Möglichkeit zu geben, sich kostenlos die italienische Sprache und Kultur anzueignen.

Italien gehört zu den uns Deutschen am feindseligsten gesinnten Ländern, aber unsere Klassiker, besonders Goethe, Thomas Mann, Max Weber und sogar Ernst Jünger, werden dort, auch von Linken, sehr geschätzt. Also nicht nur Brecht, Kafka und Freud, die in Deutschland leider erst dann so vergessen wie Heinrich Böll sein werden, wenn in der Schule nur noch Kermani, Zaimoglu und Surenkommentar gelesen werden wird.




»Wenn nämlich ein Volk vorwärts geht und wächst, so sprengt es jedesmal den Gürtel, der ihm bis dahin sein nationales Ansehen gab: bleibt es stehen, verkümmert es, so schließt sich ein neuer Gürtel um seine Seele; die immer härter werdende Kruste baut gleichsam ein Gefängnis herum, dessen Mauern immer wachsen. Hat ein Volk also sehr viel Festes, so ist dies ein Beweis, daß es versteinern will und ganz und gar Monument werden möchte: wie es von einem bestimmten Zeitpunkte an das Ägyptertum war. Der also, welcher den Deutschen wohlwill, mag für seinen Teil zusehen, wie er immer mehr aus dem, was deutsch ist, hinauswachse. Die Wendung zum Undeutschen ist deshalb immer das Kennzeichen der Tüchtigen unseres Volkes gewesen.«  Nietzsche

 Dass man es eines Tages selbst mit einer Tugend wie der Wendung zum Undeutschen auch übertreiben könnte, war sogar Nietzsche nicht in der Lage vorherzusehen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.