Der
Sonntag diesmal nicht den Künsten, sondern dem Gedenken an einen der
größten diplomatischen und politischen Künstler aller Zeiten,
Charles-Maurice de Talleyrand, Fürst von Benevent, Herzog von
Talleyrand-Périgord und duc de Dino. Talleyrand war Außenminister des
Direktoriums unter Führung von Paul de Barras, Außenminister Napoleons,
Außenminister Ludwigs XVIII., aber immer zuerst ein Diener Frankreichs,
ein Mann, der 1808 auf dem Erfurter Fürstenkongress, auf der Höhe von
Napoleons Macht, gegen den Kaiser zu arbeiten begann und der auf dem
Wiener Kongress das Kunststück fertigbrachte, die vier Siegermächte so
gegeneinander auszuspielen, dass Frankreich keine Gebiete abtreten
musste. Es war Deutschlands große Tragik, dass es wegen seiner
Zerstückelung in lauter Provinzen nicht die Voraussetzungen schaffen
konnte, um Diplomaten dieses Schlages hervorzubringen – eine solche
Züchtung gelingt nur über Generationen und in echten Metropolen –; die
Weltgeschichte wäre womöglich anders verlaufen.
Meine
Lieblingsanekdote über den Fürsten von Benevent ist ein veritables
Gaunerstück und beginnt mit dem Aufstieg des Paul de Barras, zuerst
Mitglied und später Präsident des Nationalkonvents, der 1795 im ersten
Direktorium als einer von fünf Direktoren an die Spitze des Staates
gelangte. Nach dem Staatsstreich des 18. Fructidor V (4. September 1797)
wurde der Fünferrat auf ein Triumvirat reduziert, in dem sich Barras
zum primus inter pares mauserte. Er förderte den jungen General
Bonaparte, der für ihn in Paris einen royalistischen Aufstand
niedergeschlagen hatte, übertrug ihm die Führung der Italienarmee und
unterstützte später, als sich abzeichnete, dass der von einem
glanzvollen Sieg zum nächsten eilende schmächtige Korse in Paris eine
Gefahr für ihn selber werden könnte, dessen Ägyptenfeldzug.
Geholfen
hat es ihm bekanntlich nicht. Napoleon verließ seine Armee, schiffte
sich nach Frankreich ein, veranstaltete am 18. Brumaire VIII (9.
November 1799) seinen Staatsstreich und zwang das Direktorium zum
Rücktritt. Tatsächlich war es im Fall Barras so, dass Napoleon
Talleyrand mit dem Auftrag ins Palais Luxembourg entsandte, ihm die
Demission abzuringen. Um dem als korrupter Lebemann geltenden Direktor
den Abschied zu erleichtern, gab man dem Emissär einen Wechsel über drei
Millionen Pfund mit. Talleyrand schilderte Barras den Ernst der Lage
und hieß ihn, aus dem Fenster zu blicken, wo Soldaten kampierten. Er
drohte und lockte, beschwor den Patriotismus und den Staatsbürgersinn
des Direktors. Barras war innerlich wohl schon beim Anblick der Soldaten
eingeknickt und verfasste schließlich das gewünschte Papier. An der
Seite des einstigen ersten Mannes Frankreichs verließ ein zufriedener
Talleyrand das Palais. In der einen Tasche trug er die
Rücktrittserklärung, in der anderen den Wechsel – –
***
Es
ist jedesmal ein trauriger Moment, wenn der Weihnachtsbaum abgeschmückt
wird. Ich habe immer noch genügend Heidenblut in mir, um mit dem
Christfest zuallererst den bunt geschmückten und zauberisch
illuminierten Baum zu assoziieren, auch wenn sich die Gestalt des Herrn
Jesus, diese vollkommen unwahrscheinliche Erscheinung in unserer "um
ihre eigene Achse rotierenden Folterkammer" (Ulrich Horstmann), mit den
Jahren immer mehr in den Vordergrund schob – nicht als Gegenstand der
Anbetung, sondern vielmehr der Verblüffung. Heute also ward die Tanne
ihres Glanzes ledig und trat den Weg in den Christbaumhimmel an. Zu
diesem prosaischen Vorgang existiert interessanterweise ein
geschmackvolles Gleichnis aus dem Munde eines der größten Teufel, der je
gelebt hat. Adolf Hitler nämlich hat die geflügelten Worte
hinterlassen, am Ende der Bayreuther Festspiele sei ihm immer so
melancholisch zumute gewesen "wie als Kind, wenn der Weihnachtsbaum
abgeputzt wurde".
***
Im
Abteil des ICE nimmt ein dicker, schnaufender, nicht gerade nobel
gekleideter Engländer mir gegenüber und an der Seite einer jungen Frau
Platz. Mitreisende unterteilen sich in meiner Optik in vier Kategorien:
weniger Störende, stark Störende, Studienobjekte und schöne Frauen; er
landet umstandslos in Kategorie zwei. Als die Schaffnerin Getränke
serviert, nimmt er einen Cappuccino. Die junge Frau verlangt danach
ebenfalls einen solchen, die Serviererin indes bedauert, jetzt nur noch
normalen Kaffee dabei zu haben. Dann werde sie wohl einen Kaffee nehmen
müssen, sagt die Maid, doch the englischman lässt das nicht zu
und sagt: "Please, give the cup the Lady and bring me my later." Ich
fühle mich beschämt; der Kategorienwechsel wird sofort vollzogen.
***
Die
beiden entscheidenden, weil für den deutschen Michel innenpolitisch
"anschlussfähigen" Passagen in Michel Houllebecqs Jahrhundertromanvision
"Unterwerfung" ("Submission") sind zwei knappe Beschreibungen
der Spuren, die der Regierungswechsel nach der Wahl des muslimischen
Kandidaten Ben Abbas zum französischen Staatschef sofort im Stadtbild
hinterlässt:
"Wie alle Einkaufszentren (...) hatte Italie 2 stets viel Gesindel angezogen; es war komplett verschwunden." (S. 155)
"Die
unmittelbarste Folge seiner Wahl war die Absenkung der
Kriminalitätsrate, und das in einem mehr als deutlich spürbaren Maße: In
den problematischsten Vierteln war sie sage und schreibe um das
Zehnfache gesunken. Einen weiteren unmittelbar spürbaren Erfolg gab es
bei der Arbeitslosigkeit, deren Quote sich im freien Fall befand. Dies
war zweifellos auf den massiven Ausstieg der Frauen aus dem Arbeitsmarkt
zurückzuführen...“ (S. 175)
***
Spiegel online
hat nun das ultimative Indiz dafür gefunden, dass Donald Trumps
unselige Amtszeit praktisch vorbei ist. "Das wird letztlich Trumps
Präsidentschaft beenden", liest man dort,
und: "Er hat Donald Trump den bislang wohl schwersten Schlag verpasst:
Im Gespräch mit der BBC äußerte sich Autor Michael Wolff nun über sein
Enthüllungsbuch 'Fire and Fury'". Inzwischen sickert durch,
dass der journalistische Hosenlatzlüfter zu jener Kategorie
"Kriegsberichterstatter" gehört, die abends an der Bar darauf warten,
auf irgendeinen Offizier zu treffen, der ihnen etwas von der Front
erzählt. Seine Informationen bezieht er vornehmlich auf diese Weise,
suggeriert aber, er sei dabeigewesen. Das ist zwar ungefähr so, als
würde Tom Kummer
sich zum intimen Kenner der Vorgänge im Kanzleramt aufstrapsen und das –
weit wahrscheinlichere – Ende der Ära Merkel prophezeien, aber wenn der
Zweck die Wünsche adelt, nimmt es auch ein Qualitätsmedium schon mal
nicht ganz so genau mit der Recherche.
***
Aus
der Wikipedia: "Der Anteil der Muslime (fast alle sunnitisch) beträgt
schätzungsweise ein bis zwei Prozent. Er setzt sich aus Einwanderern aus
verschiedenen, meist afrikanischen Ländern zusammen, die aufgrund ihrer
Verschiedenartigkeit keine Gemeinschaft bilden. Saudi-Arabien bemüht
sich in letzter Zeit um eine Ausbreitung des Islams in Angola. So hat es
2010 angekündigt, dass es in Luanda die Errichtung einer islamischen
Universität finanzieren werde. Im November 2013 wurde dem Islam und
zahlreichen anderen Organisationen die Anerkennung als
Religionsgemeinschaft verweigert. Zudem wurden Gebäude, die ohne
Baugenehmigung errichtet wurden, zum Abriss vorgesehen. Berichten
zufolge stünde u. a. die Schließung von mehr als 60 Moscheen im Land
bevor."
***
Leserin
*** schreibt: "Auch in diesem Jahr werde ich wieder – wie schon 2016
und 2017 – die gedruckte Ausgabe Ihrer Acta diurna kaufen. Meine Enkel
(geb. 2010 und 2013) werden dereinst darin lesen wie ich als junge Frau
in 'LTI'." MK am 7. Januar 18
Wir wollen an dieser Stelle auch einmal kurz Ludwigs XVII. gedenken.
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