Stationen

Dienstag, 24. Juli 2018

Zurechtgerückt

Was ist eigentlich der Skandal an der trumpschen Politik? Dass er die Steuern senkt und die Deregulierungen vorantreibt? Dass er mit Nordkorea Frieden schliesst? Dass er den Kalten Krieg mit Russland beendet und Putin respektvoll begegnet? Dass er seine Wahlversprechen einlöst? Dass er aus einem Klimaabkommen aussteigt, von dem selbst die Befürworter sagen, es bringe nichts? Dass er die Chinesen und die EU mit Strafzöllen dazu bringen will, ihre eigenen Strafzölle zu senken? Ach ja, das sei zerstörerischer Protektionismus. Tatsächlich? Warten wir ab, bis Trump seine gewünschten neuen Handelsabkommen ergattert.

Je mehr Trump richtig macht, desto verbissener scheinen seine Gegner. Nach dem Gipfel von Helsinki brachte die New York Times auf ihrer Homepage einen Zeichentrickfilm, der die beiden Präsidenten Trump und Putin als lächerlich verliebtes Schwulenpärchen auf einer homoerotischen Autofahrt verhöhnt. Hätte das ehrwürdige Blatt auch Negerwitze über Trumps Vorgänger Barack Obama so kunstvoll inszeniert? Wohl eher nicht.

Die linken Moralisierer haben Gott entsorgt, um sich selber auf seinen Thron zu hieven. Die politische Korrektheit ist ihr neuer Scheiterhaufen. Und gegen Ketzer Trump ist dem linken Klerus jedes Mittel recht.
Handkehrum: Die Verzweiflung muss enorm sein, wenn einem zu Trump nur noch primitive Schwulenwitze einfallen. Seit Monaten versuchen seine Gegner durchschlagend erfolglos, Trump als Verbrecher, als Wahlbetrüger, als Frauenbelästiger oder als Rechtsextremen zu entlarven. Auf CNN diskutieren sie pausenlos, wie die Russen den US-Wahlkampf manipuliert hätten. Offensichtlich ist es in den Augen der Experten undenkbar, dass sich Millionen US-Bürger aus freien Stücken gegen Hillary Clinton und für Trump entschieden haben. Die Russen müssen dahinterstecken, als ob es möglich wäre, Millionen amerikanischer Wählerhirne aus Moskau fernzusteuern.
Es gibt offensichtlich einen paranoiden Zug in der amerikanischen Politik.

Trumps Gegner wittern aber auch, dass der Präsident viel besser und anders ist als die Horrorszenarien, die sie über ihn verbreiten. Vielleicht ist die massive feindselige Energie auch Ausdruck einer gesunden demokratischen Kultur. In jedem Ökosystem ballen sich Gegenkräfte, wenn ein Lebewesen sich zu sehr aufzuspreizen und auszubreiten droht. Bei Trump grenzt die Opposition gelegentlich an Hysterie. Seine Gegner und die meisten Journalisten scheinen Trump nicht widerlegen zu wollen. Sie wollen ihn weghaben, impeachen, vernichten.
Natürlich ist Trump eine Art John Wayne der Politik, eine wandelnde Protokollverletzung, ein typischer Amerikaner eben, tüchtig, etwas prahlerisch, der Sheriff aus dem Spätwestern, ruppig, aber mit dem Herz am ganz rechten Fleck. Die Provokation besteht darin, dass er das macht, was alle US-Präsidenten vor ihm getan haben, nämlich amerikanische Interessen zu vertreten. Trump aber verzichtet darauf, seine Politik in salbungsvollen Wortschwaden einzunebeln. Er nennt die Dinge beim Namen und redet Klartext in einer Sprache, die nicht aus dem Reagenzglas kommt. Bevor man ihn wegen seiner Unverblümtheit, wegen seiner Direktheit, sagen wir ruhig: wegen seiner Ehrlichkeit kritisiert, sollte man fragen, ob das Gegenteil, ob mehr salonfähiger Wohlklang und stilvolle Heuchelei wirklich die sinnvolle Alternative wären.

Trump ist ein Cowboy, aber er ist kein Clown. Die meisten Medien haben sich darauf geeinigt, ihn als eine Art Vollidioten zu beschreiben, aber seine Selbstdefinition, er sei ein «stabiles Genie», kommt der Wirklichkeit womöglich näher. Trump, der Neuling, erweist sich als instinktsicherer, kluger Politiker. Und ja: Seine Aussenpolitik nimmt tatsächlich geniale Züge an, nicht erst seit Kim. Was er in den letzten beiden Wochen ablieferte, war brillant, virtuos, intelligent – Diplomatie als Simultanschach mit etwas Freistilringen.
Zunächst schreckte er seine zahlungsmüden Nato-Partner mit Ohrfeigen und Schmeicheleien auf. Vor allem die Deutschen traf es hart, dass er sie, zu Recht, als Profiteure von russischem Billig-Gas und amerikanischen Militärausgaben züchtigte. Den Briten stärkte er beim Brexit den Rücken, was der Premierministerin Theresa May missfiel, die Trump dann allerdings an der gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem unwiderstehlichen Haifisch-Grinsen entwaffnete.

Bei der Queen gab er den gravitätischen Staatsmann, ehe er im Interview erneut auf die EU eindrosch, die wegen ihrer Handelszölle ein «Feind» der Amerikaner sei. Die Medien machten aus seiner Wortwahl eine Kriegserklärung, doch Trump hatte das giftige Angreiferwort «enemy» bewusst vermieden, um stattdessen das mild-altertümliche Wort «foe» zu verwenden. Sein Hauruckstil ist bemerkenswert subtil.

Ein Geniestreich war sein Treffen mit Putin. Punktgenau traf er den Ton, die hochempfindliche russische Seele mit abgewogenen Respektsbezeugungen massierend. Präsident Putin sei kein Gegner, sondern «ein Konkurrent, und zwar ein guter», geigte Trump. Es ging den Russen runter wie Honig. Die Medien nervten sich, dass der amerikanische Präsident darauf verzichtete, seinem Gegenüber öffentlich die Leviten zu lesen und ihm den ganzen Unsinn über angebliche russische Wahlmanipulationen vorzuhalten.
Hypnotisiert von ihren Verschwörungstheorien, konnten es die Journalisten nicht fassen, dass sich hier zwei Staatsmänner kollegial auf Augenhöhe begegneten, ohne einander mit Vorwürfen einzudecken. Die Medien waren entsetzt, dass sich Putin wie Trump bemühten, über alle Differenzen und Konflikte hinweg gemeinsamen Boden zu markieren. Und es trieb die Kommentatoren zur Weissglut, dass sich die Präsidenten so einvernehmlich weigerten, in den Kalten Krieg zurückzufallen.
Ja, der Gipfel von Helsinki war ein Meilenstein, eine Sternstunde rationaler Völkerverständigung und für Trump ein Triumph. Dass der amerikanische Präsident im Beisein Putins sogar Selbstkritik übte, war eine Sensation. Für die Welt und insbesondere für Europa ist es eine gute Nachricht, wenn sich die Lage zwischen den Grossmächten entspannt. Wann merken es die Europäer? Trump hat längst realisiert, dass die Russen natürliche Partner des Westens sind, man muss sie nur aus ihrer eigenen Geschichte heraus verstehen.
Trump ist klüger, nuancierter und weitsichtiger als die meisten seiner Kritiker.   Köppel


Anmerkung: man kann consistent genius (außerhalb der Schweiz, wo durch die romanischsprachigen Kantone eine Sensibilität für sprachliche Nuancen vorhanden ist, die in unserer BRD nicht vorausgesetzt werden kann) nicht mit "stabiles Genie" übersetzen und schon gar nicht unkommentiert. Man trägt sonst dazu bei, Trump ungerechtfertigt lächerlich zu machen. Man könnte vielleicht umschreiben mit "Hort der Beständigkeit", "beharrlicher (Schutz-)Geist" oder "Hüter der Beständigkeit", aber es sind keine Übertragungen ins Deutsche möglich, die nicht umständlich und sperrig wären.


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