2. September 2016 – Irgendwann hatte ich das schon mal berichtet: Unsere Tochter wurde freundlich ermahnt, weil sie im Sportunterricht ein Hemd mit „dem Konterfei von Rudolf Heß“ getragen habe. Lehrerin (wohlgemerkt eine echte Pädagogin, der man die Kinder gern anvertraut): „Der Heß, naja, er war definitiv eine zwielichtige Person.“ In Wahrheit trug die Tochter dies (in Schwarz), und die Causa löste sich in Wohlgefallen auf.
Nun, da die Schule eine „ohne Rassismus“ geworden ist, wurde die Schulordnung um einen Kleidungspunkt ergänzt. Man darf nichts tragen, was geeignet ist, die Gefühle anderer zu verletzen. Klar, fühlt sich gut an. Ein kurzer Disput mit einer Mutter, die sich schwer dafür einsetzte.
Ich: „Ja, das ist richtig und trägt zum Schulfrieden bei. Nur müßte das konsequenterweise wirklich für alle gelten. Ich mein, ich seh hier – guck mal kurz nach links, dort hinten – eine Sechstkläßlerin mit einem Valerie-Solanas Zitat auf der Brust…“
Ich hebe mit einer Erklärung an, wer Solanas war, da unterbricht sie mich: „Naja, manches ist halt so… so populär, sag ich mal. Ich mein, wir würden jetzt niemandem den Che verbieten. …“ – „Was? Che Guevara, den Massenmörder?!“ – „… naja, müssen wir jetzt nicht diskutieren. Kannste nicht bringen, den tragen heute so viele… Da würden wir uns peinlich machen…“
Das war vor den großen Ferien. Ein Mäuschen hat meinem Sohn nun berichtet, daß im Ethikunterricht darüber diskutiert wurde, was man dazu sagen solle, daß der Sohn ein Hitlerportrait auf dem Hemd trage. Ich: „Aber der Herr P. hat die Klasse wohl aufgeklärt, was der Unterschied zwischen Hitler und Stauffenberg ist und daß beide eigentlich kaum zu verwechseln sind??“ – „Na, weiß nicht. Hoff ich doch.“ Ich auch.
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3. September 2016 – In der aktuellen ZEIT ein Artikel über „Rechte Räume“ von einem Herrn Trüby, der sich für Architektur interessiert. Es geht um „völkische Siedlungen“, die die „Rechten“ errichteten, um gegen den „Volkstod“ anzuleben. Leute, die „neurechts siedeln“ (komischerweise fühle ich mich bis dahin nicht betroffen, ein „Siedler“gedanke ist mir zwar nicht unsympathisch, wurde von uns aber nie angestrebt), griffen, sagt Herr Trüby, „auf Denkfiguren zurück, die, bevor sie im Nationalsozialismus und seiner Tötungsmaschinerie scharf gemacht wurden, auf die ausgehende Kaiserzeit (….) zurückdatieren.“
Dann geht’s weiter im Text mit Udo Pastörs von der NPD, André Poggenburg (AfD), Wehrsport-Hoffmann und- „uns“, Schnellroda. Allen gemein (und wie gemein!): Daß sie im leeren Osten „siedeln“. Man könnte natürlich auch sagen: ein Eigenheim bewohnen. Zu Schnellroda: Getadelt wird vom Herrn Trüby unter anderem die „Heruntergekommenheit des Anwesens, dessen Mobiliar an Vereinsgaststäten mit Draußen-nur-Kännchen-Tristesse gemahnt“.
Kulturfreund Trüby zählt zu den Unterzeichnern eines offenen Briefes „Gegen die Salonfähigkeit neuer Rechter an der HFG Karlsruhe“ von Oktober 2015, in dem es speziell gegen den langjährigen Sloterdijk-Assistenten Marc Jongen ging. Ich äußere mich sehr selten zu solcher Art „Berichterstattung“. Hier ging mir einiges auf den Keks, und ich war schlechtgelaunt. Ich schrieb dem Herrn Trüby drei, vier Punkte auf mit dem Hinweis, doch mal zu „googlen“. Es kam keine Antwort. Typische Tratschtantenmentalität: das Mäulchen plappernd aufreißen, aber nur „über“ reden wollen, gern gerüchtegespickt, aber nicht „mit“.
Irgendwann im Frühjahr (ist schon länger her, wie gesagt: nur jeder x-te Beitrag fordert meinen Widerspruch heraus) hatte ich übrigens den Deutschlandfunk getadelt, weil er unsere Kinder teilweise namentlich genannt hatte. Was können Kinder für ihre im Zweifelsfall blöden Eltern? Ich wies darauf hin, daß etwa die Hälfte der Kindernamen weder „nordisch“ noch „germanisch“ seien, die raunende Insinuation mithin nicht mal zutreffe. Antwort des DLF, voll und ganz im Sinne der klassischen „Lügenpresse“ (das harmlosere„Lückenpresse“ trifft hier nicht zu):
„Die Namensnennung ist aus unserer Sicht zulässig. In unserem Beitrag ging es um die Darstellung Ihrer Lebensweise, die Sie selbst als „deutsch“ bezeichnen. Im Rahmen des zwischen Herrn Richter und Ihnen geführten Interviews beschrieben Sie, was Sie unter solch einem ‚deutschen Leben‘ verstehen. [in Wahrheit wurde ich nie danach gefragt, E.K.] Sie stellten hierbei mehrfach heraus, dass Sie auch Ihre Kinder im Sinne der Werte dieses ‚deutschen Lebens‘ erzögen. [Was man eventuell begründen könnte, es aber nicht getan hat, weil man auch nicht danach gefragt wurde!, E.K.!] In diesem Zusammenhang verwiesen Sie insbesondere auf die Vornamen Ihrer Kinder, die allesamt konsequenterweise germanischen Ursprungs seien.[Bullshit , E.K.]“Aus reinem „Entgegenkommen“ hat der Deutschlandfunk dann doch die Kindernamen getilgt.
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4. September 2016 – Ganz unpolitisch, aber ich mußte so lachen: Tochter nimmt ihr Philosophiestudium sehr ernst. Das deutete sich früh an. Sobald wir bei Tisch diskutierten, pflegte sie Einhalt zu gebieten: „Moment, was heißt genau ‚man selbst‘?“ Oder: „Ja…aber was exakt meinst Du mit ‚Diskurs‘?“ „Was heißt ‚modern‘, von welcher Moderne reden wir?“ Eine anstrengende Gesprächspartnerin – die Tochter wurde aufgrund ihres Genauigkeitsstrebens innerfamiliär oft parodiert. Der Sohn hingegen, deutlich jünger, hat es mit flauen Witzen. Diesmal brachte er einen guten, auf die Schwester gemünzt: „Sagt der Philosoph zu seiner Philosophenfreundin: ‚Wir sollten mal wieder ausgehen!‘ Fragt die Freundin: ‚wovon?‘“
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5. September – „Übrigens, auch die Petra Sitte [Linke, MdB, E.K.] ruft zur Demo gegen ‚Schnellroda‘ auf!“ – „Was, die Sitte? Die fand die Mama doch immer so sympathisch!“ – „Was? Die Sitte die Mama?“- „Nein, die Mama die Sitte.“ – „Naja. Die Mama findet öfter mal seltsame Leute sympathisch. Mama, magst Du die jetzt immer noch?“- „Ach… [leicht peinlich berührt], schon. Ich sag mir, die kennt mich nur nicht richtig, und vielleicht muß sie ja so handeln, weil sie doch bei den Linken ist. Irgendwie tut die mir leid.“ EK am 5. September
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