Stationen

Sonntag, 4. September 2016

Zeit des Umbruchs



Der 50:50 Deadlock zwischen Hofer und Van der Bellen, Brexit in Großbritannien, Trump-Clinton in den USA, der Aufstieg der AfD in Deutschland trotz aller Hetze seitens des Establishments… das schlägt sich auch im Alltag und in zwischenmenschlichen Beziehungen nieder.


Jeder von uns hat es wohl schon erlebt, wenn man im sozialen Umfeld, in der Familie, am Arbeitsplatz, an der Universität usw. kontroverse Meinungen äußert oder eine unpopuläre Farbe bekennt: der soziale Druck erhöht sich, heftige Diskussionen werden vom Zaun gebrochen, allerlei Affekte und Emotionen von der Leine gelassen, Freundschaften gekündigt oder manchmal sogar Jobs… man kann aber auch gegenteilige Erfahrungen machen: Sympathisanten und andere U-Boote und Gleichgesinnte tauchen auf, die sich über das Outing freuen, so manches intellektuelle Interesse wird geweckt und setzt Denkprozesse in Bewegung, und Krypto-Rechte erkennen sich selbst.

Dabei begegnet man immer wieder denselben Mustern: beide Parteien werfen sich spiegelbildlich vor, verblendet, unmoralisch oder irrational zu sein. Man hat den wechselseitigen Eindruck, daß dem Gegenüber gewisse Gehirnteile zur Wirklichkeitswahrnehmung fehlen oder daß er in einem Paralleluniversum lebt. Man muß sich oft erst durch eine ganze Phalanx von Missverständnissen kämpfen, bis man endlich sagen kann, was man wirklich denkt oder eigentlich meint (und was nicht). Linke glauben, daß Rechte böse, und Rechte, daß Linke dumm seien. Linke werfen Rechten mangelnde Empathie und Rechte Linken mangelnden Verstand vor. Und immer kommt es darauf an, wen man vor sich hat – mit wem ist eine Diskussion sinnlos? Mit wem kann man sich zumindest auf einer menschlichen Ebene verständigen? Welche Argumente, welche Sprache, welcher Zugang ist bei wem angebracht und effektiv, und bei wem nicht? Usw. usw.

Manchmal empfiehlt es sich, zu schweigen, manchmal ist es besser zu streiten. Manchmal schädigt eine Eskalation, manchmal klärt sie die Luft. Manchmal nähert man sich an, manchmal entfernt man sich. Und doch: es ist etwas los im Land, alte Fronten bröckeln, neue bilden sich, ein großes Umdenken ist im Gange, und jeder von uns steht an einem Punkt, an dem er etwas verändern und bewegen kann, und sei es noch so klein.

Martin Lichtmesz möchte seine Leser bitten, ihm in der Kommentarfunktion seiner Webseite die in dieser Hinsicht haarsträubendsten, traurigsten, erhellendsten, ermutigendsten, lustigsten Erfahrungen zu schildern. Vor allem aber würde ihn interessieren, welche Diskussions- und Überlebensstrategien sich als wirkungsvoll erwiesen haben und welche nicht. Wer nicht will, daß sein Beitrag veröffentlicht wird, kann einen entsprechenden Hinweis hinzufügen. Das gesammelte Material soll in einem kleinen bei Antaios erscheinenden Handbuch- und „Survival Guide“ verwertet werden, mit dem wir die dämliche einschlägige linke Ratgeber- und Indoktrinationsliteratur saftig kontern werden.

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