Nach dem Brexit glaubte man Händereibend , eine Atommacht demütigen
und ein Land mit Sitz im UNO-Sicherheitsrat ruinieren zu können.
Flüchten aus London würden die Weltfirmen, zuerst die Großbanken und
danach die Sahnestücke aus Pharmazie und Hochtechnologie. Bluten lassen
werde man Albion.
Bereuen würden die Engländer ihre Trennung von Martin Schulz und Angela
Merkel. Herumstoßen werde man die Insel, obwohl dort immer noch die
schnellsten Interventionsstreitkräfte bereit stehen. Zum Frühstück
verspeisen werde man das Mutterland der Weltsprache, deren Geheimdienste
mit Neuseeland, Australien, Kanada und den USA zu den „Fünf Augen“
(Five Eyes) verbunden sind. Die gewährten Berlin nicht einmal dann
Zutritt zu ihrem exklusiven Klub, als die Kanzlerin sich das als
Entschädigung für ihr abgehörtes Handy ausbedingen wollte.
Irland dagegen zittert von Beginn an vor dem Brexit, weil es die
Attraktivität eines befreiten Königreiches für seine amerikanischen
Weltfirmen umgehend versteht. Wann immer die Brüsseler Nomenklatura
Dublin für seine günstigen Firmensteuern kujonieren will, hält London
seine schützende Hand über den Nachbarn. Der EU-Kontinent fußt auf
Solidarität und der Umverteilung deutscher Gelder, während die
Anglo-Nationen die globale Konkurrenz im Auge haben.
Am 23. Juni 2016 erfolgt der Brexit und schon am 30. August 2016
fordert Margrethe Vestager 13 Milliarden von Apple, um deren Zahlung es
sich im irischen Steuerparadies gedrückt habe. „Ja, so geht Europa“,
strahlt daraufhin Sven Giegold, begnadeter Ökologe und Attac-Anführer
der deutschen Grünen im Europa-Parlament.
Als „EU-Kommissarin für
Wettbewerb“ fungiert die Politikern Margrethe Vestager der dänischen Radikale Venstre.
Ihre nobelste Aufgabe sieht sie in der Unterbindung von Wettbewerb
zwischen den EU-Staaten. Wo käme man hin, wenn die sich wie Schweizer
Kantone oder US-Bundesstaaten einfallsreich um Firmen bemühen müssten?
Dass Apple gegen die Entscheidung klagt, versteht sich von selbst.
Für die Republik Irland jedoch wird der juristische Widerstand zur
Überlebensfrage, denn andere Firmen auf ihrem Territorium beobachten das
Schicksal des Elektronik-Giganten genau. Mit allem Recht, denn am 15.
September verkündet Frau Vestager, dass Sie mit McDonald und Amazon zwei
neue Opfer verfolgt. Die von McDonald zwischen 2011 und 2015 gezahlten
2,5 Milliarden Euro reichen ihr nicht. Doch die Big Mac-Herren sind
vorbereitet. Am 10. Dezember melden sie die Übersiedlung ihres
Europa-Hauptquartiers von Luxemburg nach London. Gegen das anglophone
Irland hätten sie an sich nichts gehabt, aber sie denken nicht daran, in
der Apple-Falle zu landen.
Parallel zu diesem Seitenwechsel der weltgrößten Restaurantkette
stationiert London eine Spezialeinheit an der polnisch-russischen Grenze
bei Königsberg. Theresa May besucht am 28. November mit der polnischen
Premierministerin Beata Szydło das Polish War Memorial in RAF
Northolt, wo polnische Gefallene aus dem gemeinsamen Kampf gegen
Hitler-Deutschland geehrt werden. Auch in einer ungewissen Zukunft mit
womöglich weiterem Abbröckeln der EU werde man zusammenhalten.
Warschau versteht, dass es durch eine Beteiligung an Berliner
Brexit-Knebelverträgen gegen England nichts gewinnen kann. Die
Verantwortlichen der Wirtschaft nehmen erleichtert zur Kenntnis, dass
die meisten EU-Mitglieder für eine Bestrafung Englands nicht zu haben
sind, wenn sie Berlins Softpower mit den britischen Atom-Ubooten
vergleichen, deren Modernisierung Theresa Mays oberste Maxime ist.
Werden – all dieses bedenkend – die Londoner Banken wirklich in Frau
Vestagers Arme drängen? Oder wird McDonalds Schritt nur der Auftakt für
eine herzliche, aber ungeschminkte ökonomische Rivalität? Wie wäre es
nach weiterem Absenken der britischen Unternehmenssteuern zum Beispiel
mit der Wiederherstellung des Bankgeheimnisses? Warum sollte nicht auch
dabei Konkurrenz das Geschäft beleben? Wer seine Konten jederzeit
offenlegen möchte, unterhält sie bei Banken auf dem Kontinent. Wer
Diskretion bevorzugt, bringt seine Ersparnisse auf den Inseln in
Sicherheit oder findet sogar eine Alternative in einer wieder
selbstbewusst auftretenden Schweiz. Und warum nicht die Bank von England
zur Emission von 500-Pfund-Noten ermutigen?
Wer jederzeit kontrolliert
leben will, wird bargeldlos zwischen Berlin und Luxemburg glücklich. Wer
die Freiheit des Bürgers bevorzugt, aber nach einer Währung sucht,
deren Banken ihre Kunden niemals mit dem Umzug nach Paris oder Frankfurt
bedrohen. Wer dort noch Gelder hält, mag damit fortfahren oder halt den
Umzug erwägen. Die Kommissarin könnte dabei immerhin erahnen, was man
bei Ernstnehmen ihrer Berufsbezeichnung so alles anstellen kann. Gunnar Heinsohn
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