Stationen

Samstag, 24. Dezember 2016

Prinz Georg Friedrich und Prinz Philipp Kiril






Schlank und von mittelgroßer Gestalt, scharf geschnittene Gesichtszüge mit einer schmalen Nase, große wache Augen, dunkle, militärisch kurz geschnittene Haare - so soll Friedrich der Große ausgesehen haben. Eine Beschreibung, die auch auf Prinz Philip passt. Von allen Hohenzollern-Prinzen sieht er dem "Alten Fritz" am ähnlichsten. Und ausgerechnet sein Konterfei fehlt auf der offiziellen Webseite der berühmten Familie. Ein zufälliges Versäumnis? Prinz Philips Vater liegt mit dem Betreiber der Webseite, Prinz Georg Friedrich, im Streit um den Titel "Chef des Hauses Hohenzollern".
Prinz Philip steht in direkter männlicher Erblinie der Hohenzollern und wäre heute, wenn es die Monarchie noch gäbe, Anwärter auf den Kaiserthron. Doch weil Prinz Philips Mutter bürgerlicher Herkunft ist, wurde sein Vater, Kronprinz Friedrich Wilhelm, enterbt und dessen Neffe, Prinz Georg Friedrich, zum Clanchef erhoben.
Das Bundesverfassungsgericht urteilte zwar vor drei Jahren zugunsten des Kronprinzen, doch der Streit schwelt weiter. Denn es geht nicht nur um Titel, sondern auch um viel Geld und Besitztümer. Und weil Prinz Philip weder das eine noch das andere hat, ähnelt er dem "Alten Fritz" sogar in dessen asketischer Lebensweise.
In einem Punkt allerdings hebt sich der 38-Jährige deutlich von seinem Vorfahren ab: "Friedrich der Große war Zeit seines Lebens ein religiöser Zweifler. Ich hingegen habe als 18-Jähriger zum Glauben gefunden." Der Prinz ist evangelischer Pfarrer und unterrichtet an der Freien Evangelischen Schule Berlin. Er versteht sich zunächst als Diener Gottes – und nicht des Staates, wie der "Alte Fritz" zu sagen pflegte. Mit WELT ONLINE spricht Prinz Philip über Wünsche und Werte, Tugenden und Demokratie, Macht und Monarchie.
WELT ONLINE: Als Sie ein kleiner Junge waren und Ihnen bewusst wurde, dass Sie Kaiser von Deutschland sein könnten, was hätten Sie damals am liebsten geändert? Die Schulferien verlängert?
Prinz Philip Kiril von Preußen: Ein Kaiserbewusstsein konnte bei mir schwerlich aufkommen. Ich bin bürgerlich erzogen worden, ohne viel Geld, adlige Symbole und Allüren.
WELT ONLINE: Umfragen zufolge sind die Deutschen mit dem parlamentarischen System unzufrieden wie noch nie. Dennoch gibt es keine Rufe nach Einführung der Monarchie. Warum sind Könige hierzulande so unbeliebt?
Philip von Preußen: Wir haben in Sachen Monarchie immer sofort die Regentschaft meines Ururgroßvaters Wilhelm II. vor Augen, und das schreckt wohl viele ab. Dabei wäre eine heutige Monarchie mit dem Wilhelminischen Reich überhaupt nicht zu vergleichen.
WELT ONLINE: Angenommen, Sie hätten wie Ihre Vorfahren absolutistische Macht und müssten keine Rücksicht auf Parteien und Lobbyisten, auf Konzerne und Gewerkschaften nehmen. Würden Sie Hartz IV, die Gesundheits- und die Rentenreform kippen?
Philip von Preußen: Das klingt despotisch, und ich wäre bestimmt nicht beratungsresistent. Aber wenn Sie schon so fragen: Ich präferiere eine radikale Steuerreform à la Kirchhoff und Merz, ein Ende des umlagefinanzierten Renten- und Mütterbetrugs und unterschiedliche Krankenkassenbeiträge für Gesundheitsbewusste, respektive für "rauchende und saufende Base-Jumper". Und mein ceterum censeo: Keine Abtreibungen mit "sozialer Indikation", denn Abtreibungsärzte sind Mörder und die Totengräber unseres schrumpfenden Volkes.
WELT ONLINE: Das Berliner Stadtschloss, die Residenz der Hohenzollern, soll wieder aufgebaut werden. Wenn Sie über den Familienbesitz verfügen könnten, wieviel Millionen Euro würden Sie beisteuern?
Philip von Preußen: Das hinge vom Umfang des Besitzes ab. Mein Vorschlag: Wir bekommen alle enteigneten Schlösser und Ländereien zurück, dann könnte unser Beitrag zum Stadtschloss auch entsprechend groß sein. Aber Spaß beiseite: Ich freue mich sehr, dass der Wiederaufbau beschlossen wurde, um endlich die größte städtebauliche Wunde zu heilen. Aber die innere Wunde der Deutschen wäre erst geheilt, wenn im Stadtschloss auch das Staatsoberhaupt mit seiner Familie wohnen würde. Und Sie werden verstehen, dass ich dabei an einen König denke.
WELT ONLINE: Sie wünschen sich für Deutschland eine parlamentarische Monarchie. Welche Vorteile für das Land verbinden Sie mit dieser Regierungsform?
Philip von Preußen: Ein aus Parteienstreit hervorgegangener Präsident kann längst nicht so integrieren wie ein royales Staatsoberhaupt. Und er hat natürlich auch nicht die Aura eines Monarchen. Das entscheidende Argument ist aber: Nur eine Königsfamilie kann über Generationen hinweg das emotionale Vorbild sein, das uns in Deutschland so schmerzlich fehlt. Die TV-Quoten bei den Hochzeiten der europäischen Königshäuser beweisen das. Und sind die Royals mal nicht so vorbildlich, wirkt auch das noch indirekt verhaltensfördernd. Denn "bei Hofe" achtet die Presse genau darauf, was das Leben erfüllt: Eine glückliche Ehe und eine harmonische Großfamilie. Betrügt ein Royal seinen Ehepartner, ist das ein Skandal – und das ist gut so! Geht hingegen ein Minister fremd, ist das angeblich egal. Wir brauchen die Monarchie gegen das emotionale Wertevakuum.
WELT ONLINE: Von Friedrich dem Großen stammt der Spruch, jeder solle nach seiner Facon seelig werden. Heute ist Deutschland - und insbesondere Berlin-Brandenburg - ein weithin ungläubiges Land. Ist Ihr Vorfahr daran nicht ganz unschuldig, weil er in Glaubensfragen sehr liberal war?
Philip von Preußen: Friedrich der Große gewährte Glaubensflüchtlingen aus ganz Europa bei sich Zuflucht - und das nicht, um ihnen den Glauben auszutreiben! Die Gottvergessenheit, die wir heute in den einstigen preußischen Kernlanden vorfinden, ist Folge des atheistischen, christenfeindlichen DDR-Regimes und - zuvor - der nicht minder gottlosen und zudem antijüdischen Nazi-Diktatur.
WELT ONLINE: Preußen war der erste deutsche Staat, der seine Landeskinder bildete. Nun schneidet die Region bei Pisa-Tests im Vergleich zum ehemals rückständigen Süddeutschland schlecht ab. Warum?
Philip von Preußen: Die Bayern sind heute in vielerlei Hinsicht die wahren Preußen und mir deshalb sehr sympathisch. Wie meine Vorfahren stehen sie für die enge Verbundenheit von Tradition und Moderne.
WELT ONLINE: Welche preußischen Tugenden sind Ihnen die liebsten, und welche halten Sie heute für überholt?
Philip von Preußen: Ich halte alle preußischen Tugenden für zeitlos notwendig. Ehrlichkeit, Bescheidenheit und Sparsamkeit sind mir besonders wichtig, aber auch Gehorsam, wenn er nicht blind, sondern reflektiert ist.
WELT ONLINE: Sie arbeiten nebenberuflich als Pfarrer. Predigen Sie den Menschen Demut und Erlösung im Himmelreich? Oder vertreten Sie eher den Standpunkt: Nur wer sich selbst hilft, dem hilft Gott?
Philip von Preußen: Was den Himmel angeht, können wir uns selbst gar nicht helfen, das kann nur Jesus, der Sohn Gottes. Da ist Demut also ein Zeichen von Realismus. Doch ich bin keiner, der nur aufs Himmelreich vertröstet. Glaube hat ganz handfeste Konsequenzen. Unsere demographische Zeitbombe etwa wäre innerhalb einer Generation weitgehend entschärft, wenn wir uns Jesus, dem ältesten Global Player, anvertrauen würden. Daher lautet einer meiner Vorträge, die ich neben meinen Predigten halte: "Licht an allen Horizonten. Unvermutete Lösungsperspektiven durch den ältesten Global Player".
WELT ONLINE: Sie selber haben sechs Kinder. Glauben Sie wirklich, dass es mehr Familienväter wie Sie gäbe, wenn die Menschen gläubiger wären?
Philip von Preußen: Ja! Den Deutschen fehlt es an Glaube, Zuversicht und Vorbildern. Das eine folgt aus dem anderen. Wenn ich an den Gott der Bibel glaube, dann revolutioniert das alles: Ich glaube dann ja, dass er mich geschaffen hat und mich liebt und einen guten Plan für mein irdisches Leben und für die ganze Welt hat. Leider pfuschen ihm die Menschen seit jeher ins Handwerk, in der törichten Meinung, sie könnten es allein besser. Es ist kein Zufall, dass diktatorische und zerstörerische Systeme wie Nationalsozialismus und Kommunismus gottes-, juden- und christenfeindlich sind. Leider scheint man diesen Zusammenhang gerade in Berlin immer noch nicht zu durchschauen und bekämpft den Religionsunterricht. In Sachsen etwa sind die Bürger weiser: Die politische Verantwortung liegt seit der Wende überwiegend in der Hand von Christen – und Sachsen boomt. Aber zurück zur Frage: Wenn ich Gott fest vertraue, dann macht das zuversichtlich. Dann kann ich auch beruhigt eine große Familie gründen. Und wer dem Sohn Gottes folgt, der wird von ihm auch zunehmend zum Vorbild geformt; natürlich zeitlebens als Schüler nicht als Meister.   WeLT


Louis Ferdinand, der Großvater Philipp Kirils und Enkel von Kaiser Wilhelm II (also der, der den Vater Philipp Kirils enterbt hat) komponierte das Glockenspiel der Kaiser Wilhelm Gedächtniskirche.







Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.