"Politikerin Schramm: Jetzt seien Sie doch mal ehrlich, Herr
Falke. Sie werden andauernd dazu angehalten, Probleme mit bestimmten
Tätergruppen zu vertuschen, weil die Politiker Angst haben. Angst vor
der berechtigten Wut der Bürger vor einer verfehlten
Einwanderungspolitik. Gleichzeitig streichen dieselben Politiker bei der
Polizei Stellen und schaffen damit rechtsfreie Räume. Und Sie wundern
sich wirklich, dass das Volk diesen Gestalten in der großen Mehrheit
nicht mehr traut?
Polizist Falke: Wo ich aufgewachsen bin, hier im
wunderschönen Hamburg, in Billstedt, da gab es immer schon mehr
Ausländer als Deutsche, vor allem Türken. Und natürlich habe ich immer
wieder auf die Schnauze bekommen, als Ungläubiger, als Kartoffel. Wissen
Sie, was ich gemacht habe? Ich habe mich im Boxclub angemeldet und da
waren auch die Jungs, die mir vorher aufs Maul gehauen haben. Aber als
die gesehen haben, dass ich mich da angemeldet habe, waren die ganz
stolz, dass ein Deutscher mit ihnen trainieren will. Der Boxclub hieß
Vorwärts-Wacker 1904 e.V. Den gibt es noch immer. Der Vorsitzende heißt
Ali, ist ein Freund von mir, die Trainer heißen Yusuf, Milan und
Kenbala, alle ehrenamtlich, und seit 15 Jahren trainieren da auch
Mädchen, viele Muslima, einige sogar mit Kopftuch. Das ist mein
Deutschland."
Es bedarf keiner hermeneutischen Schulung, um zu
erkennen, dass diese beiden Statements nicht das Geringste miteinander
zu tun haben; die Politikerin stellt eine faktische, auf
Verallgemeinerung zielende Frage, die der Polizist nicht beantwortet,
stattdessen moralisiert er mit autobiografischem Bezug. Das kennt man
aus sämtlichen Debatten zum Thema Einwanderung; Diskutant A sagt, dass
laut Statistik ein Viertel aller Türkenbuben keinen Schulabschluss
schaffen, Diskutant B entgegnet, das könne nicht sein, er kenne sogar
türkische Professoren. Beide sagen nichts Falsches, aber der eine redet
über die Obsternte, der andere über den Geschmack einer Apfelsorte.
Insofern ist der "Tatort"-Dialog typisch für deutsche Debatten. MK am 16. 12. 17
Ähnlich wie Dario Fo, der als Freiwilliger für die Repubblica di Saló kämpfte oder Johannes Agnoli, der als SS-Mann Partisanen in Jugoslawien bekämpfte oder der SS-Journalist Henry Nannen wurde nach 1968 auch der SS-Journalist Herbert Reinecker zu einem der eifrigsten linksgestriegelten Volkserzieher.
Es gibt Menschen, die so skrupellos opportunistisch sind, dass sich ihre Gesinnung von einem Moment zum anderen so radikal umpolen lässt, dass keine Spuren der vorherigen Weltanschauung mehr zu sehen sind.
Es ist, als legte man einen Schalter um, der ihre Persönlichkeit vollständig umkrempelt.
Herbert Reinecker hat wie kaum ein anderer die Mentalität in der BRD beeinflusst, denn nichts ist in der BRD repräsentativer für die Mentalitätsgeschichte als die Krimiserien. Sogar an die Stelle der einstigen Heimatfilme traten inzwischen Heimatkrimis. In Reineckers Fahrwasser wuchsen nach 68 auch die Autoren der Tatortdrehbücher heran.
1971 wies ich meine Deutschlehrerin - die uns gerade erklärt hatte, was unter der deutschen "Lehrdichtung" zu verstehen sei, wobei sie Schiller und Goethe bespöttelte - darauf hin, dass an die Stelle von Reinecke Fuchs Herbert Reineckers "Der Kommissar" getreten sei, wodurch den Fernsehzuschauern allwöchentlich erklärt werde, dass Täter in Wirklichkeit immer Opfer der Gesellschaft seien. Von einem Extrem ins andere: einst nationalsozialistischer Gesinnungspropagandist, jetzt linksgeläuterter, Gesinnungspropagandist mit der pfäffisch moralisierenden Attitüde des Gesellschaftsveränderers. Ein und die selbe Person.
Sie lachte mich nur aus (denn ich wusste damals natürlich noch nicht, dass Reinecker einst ein SS-Journalist war, weil mir meine Mutter, die Henry Nannen und Herbert Reinecker sehr schätzte deren SS-Aktivität verheimlicht hatte).
Damals wurden die Gebildeten von Literaturpreisträgern indoktriniert, während die Ungebildeten von Krimiserien indoktriniert wurden. Hans W. Geißendörfers Zielgruppe waren damals die Gebildeten, heute sind es die Ungebildeten.
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