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Montag, 25. Dezember 2017

Die völkischen Israelis und die deutschen Maulhelden


Erinnern Sie sich noch an die gebremste Empörung, die Alexander Gauland vor drei Monaten mit seinen Extemporationen zum Existenzrecht Israels auslöste? – Gebremst deshalb, weil sich zwar von der Springerpresse bis zu V. Beck, dem Statthalter der Staatsräson auf Erden, unwilliges Gegrummel ausbreitete, die Linkspresse aber ausnahmsweise schwieg, denn das Interesse unserer rotgrünen Humanisten gilt speziell toten Juden, weil die im Kampf gegen "rechts" und Dunkeldeutschland besser zu gebrauchen sind als patriotische, quicklebendige, in ihrem Beharren auf Grenzen, Staatlichkeit und ethnischen Zusammenhalt geradezu völkische Israelis.

Am 25. September sagte Gauland auf einer Pressekonferenz im Wortlaut: "Entschuldigung, wenn ich es mal so deutlich sage, weil ich immer das Gefühl hatte, hier wird etwas ausgedrückt, was sehr toll klingt und wohinter man auch stehen kann, aber wenn es wirklich zum Schwur kommt, wird es schwierig. Sie müssen ja dann, wenn sie sagen, das Existenzrecht Israels gehört zur Staatsräson Deutschlands, dann müssen wir auch bereit sein, deutsche Soldaten zur Verteidigung des jüdischen Staates einzusetzen. Wenn Sie das unsere Politiker fragen, dann bekommen Sie auf die Frage nämlich keine klare Antwort. Deshalb habe ich ein gewisses Problem damit. Ja natürlich ist das Existenzrecht Israels für uns ein ganz wichtiger Punkt, und natürlich stehen wir auch an der Seite Israels. Nur das zur Staatsräson zu machen, wissen Sie, das klingt so einfach, aber in Israel gibt es dauernd Krieg. Zur Staatsräson müsste dann gehören, dass wir auch wirklich bereit sind, unser Leben für den Staat Israel einzusetzen, und das spüre ich nicht."

In einem Interview präzisierte der AfD-Vorsitzende später: "Ich habe meine Probleme damit, mir vorzustellen, dass diese deutsche Gesellschaft wirklich weiß, was das bedeutet. Nämlich dass deutsche Soldaten an der Seite von israelischen Soldaten kämpfen und sterben müssten."

Die meisten Deutschen würden schließlich nicht einmal für das Land kämpfen, in dem sie schon länger gut und gerne leben und in dem die Welt zu Gast bei Freunden ist. In einer Gallup-Umfrage anno 2015 erklärten nur 18 Prozent der befragten Krauts, dass sie bereit wären, ihr Land zu verteidigen (ein paar Vergleichszahlen: Marokkaner 94 Prozent, Pakistanis und Vietnamesen 89 Prozent, Finnen 74 Prozent, Türken 73 Prozent, Israelis 66 Prozent, Russen 59 Prozent, Amis 55 Prozent; nur Japaner und Niederländer zeigten sich noch verteidigungsunwilliger). Es handelt sich bei den offiziellen deutschen Schutzbekundungen für Israel um symbolpolitisches Kikeriki, für das sich die Israelis nicht weiter interessieren, denn sie besitzen im Gegensatz zu ihren deutschen Maulwerksverteidigern sowohl Atomwaffen (im Megatonnenbereich) als auch eine der passabelsten Armeen der Welt. Netanjahu könnte sich im Gegenzug den Scherz gönnen, das Existenzrecht von old Germany zur Staatsräson des Judenstaates zu erklären. Allerdings haben die Israelis längst kapiert, dass die Staatsräson dieser moralisierenden Narren im Herzen Europas inzwischen die ethnisch-kulturelle Selbstauflösung einschließt – in der zugegeben grandiosen Hoffnung, der gesamte Gesellschaftsbau werde, unter täglich neu auszuhandelnden Bedingungen sowie mit sukzessive ausgetauschtem und in Rütli-Schulen veredeltem Personal, einfach weiterbestehen, sogar auf dekarbonisierter Energiebasis – und man besser Distanz zu ihnen hält. 

Immerhin bleibt ein welthistorisches Kuriosum festzuhalten: Das Land, zu dessen militärischer Niederringung im dreißigjährigen Krieg 1914 - 1945 sich zweimal praktisch die gesamte Welt verbünden musste und das im Rücken der besten Soldaten die übelsten Schlächter aufmarschieren ließ, die unter anderem mehrere Millionen Juden ermordeten, dieses Land ist heute, trotz zehnfach größerer Bevölkerungszahl, dem Judenstaat militärisch eindeutig unterlegen, erklärt aber dessen Sicherheit zur eigenen Staatsräson. Der Eunuchen garantiert dem Priapos die Erektion – welch ein Schauspiel!

Wie ernst es den Eunuchen damit ist, ließ sich seit jeher an den Fingern abzählen. Wir durften zuletzt erfahren, dass zwar das Existenzrecht Israels, aber nicht jenes der Hauptstadt Jerusalem zur deutschen Staatsräson gehört. Nicht zur deutschen Staatsräson gehört es ferner, gegen aufgebrachte Moslems vorzugehen, die auf öffentlichen Plätzen im Land der Täter Israel-Fahnen oder den Davidstern verbrennen und die Vernichtung des Judenstaates wünschen. Der Grund dafür ist simpel: Deutschland hat leider weder Personal, solche Veranstaltungen gewaltsam aufzulösen, noch den politischen Willen dazu. Hierzulande leben inzwischen um die sechs Millionen Muslime, aber keine hunderttausend Juden. Das politische Personal hat sich innerlich auf die Seite derer geschlagen, die mehr Wählerstimmen versprechen und außerdem viel plausibler drohen können. Warum diesen Personenkreis mit der Anerkennung Jerusalems gegen sich aufbringen? Das täte doch kein verantwortungsvoller, vertrauenswürdiger, prinzipientreuer, verlässlicher Politiker.   MK am 25. 12. 17

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