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Samstag, 9. Dezember 2017

Greuelpropaganda heute

Berichte über den nahen Osten sind das Hochamt des deutschen Journalismus. Nachrichten und Sachverhaltsaufklärung müssen zurückstehen, wenn es um glimmende Lunten an Pulverfässern voll rotierender Gewaltspiralen geht. Mit dem heute-Journal vom 6. Dezember leistete das ZDF in dieser Hinsicht Großes: Aufmachermeldung, zwei Liveschalten, ein Erklärteil von Petra Gerster, kurz, ein sehr ausführlicher Block befasste sich mit der Entscheidung Trumps, demnächst die US-Botschaft nach Jerusalem zu verlagern und damit einen Kongressbeschluss von 1995 zu erfüllen. „Pulverfass Nahost“ kommentierte eine Stimme aus dem Off gleich zum heute- Auftakt. Nach ein paar aktuellen Nachrichtenbildern soll ein „historischer Rückblick“ des ZDF-Redakteurs Volker Duczek die Zuschauer über die Hintergründe des Streits um Jerusalem aufklären. „1993 ein Bild, das um die Welt geht“, heißt es dort: „Palästinenserpräsident Abbas schüttelt die Hand des israelischen Präsidenten Rabin.“ Es dürfte schwer sein, mehr Unfug in einem einzigen Satz unterzubringen. Denn derjenige, der auf dem dazugehörigen Archivbild von 1993 unter den Augen Bill Clintons Rabins Hand schüttelt, ist natürlich nicht Präsident Abbas (der spielte damals noch gar keine Rolle), sondern PLO-Chef Yassir Arafat. Seinerzeit gab es auch keine palästinensische Autonomiebehörde mit einem Präsidenten an der Spitze. Und Rabin war nicht der israelische Präsident, sondern Premierminister.

Spätestens an dieser Stelle dürften sich sehr viele Zuschauer gefragt haben, womit eigentlich genau das ZDF seine Nahost- und überhaupt seine Nachrichtenkompetenz begründet. Über den Sender schwappte eine Welle von Spott, unter anderem auf der Achse des Guten. Die Stelle war der Redaktion so peinlich, dass sie den Kommentar für die Ausgabe des heute-Journals in der Mediathek teilweise neu sprechen ließ, dieses Mal mit den richtigen Namen und Bezeichnungen. Allerdings versehen mit einer irreführenden Einblendung, mit der sie ihren Fehler nicht erklärt, sondern verschleiert.

Es taucht zwar auf dem Bildschirm der Hinweis auf: „Video nachträglich geändert, u.a. wegen falscher Namensnennung.“ Das Banner erscheint in der Mediathek-Version allerdings nicht unter der Szene mit Arafat und Rabin, sondern kurz vorher, unter TV-Bildern von der Intifada 1987. Wer sich die Nachrichtensendung im Archiv ansieht, weil er das Original verpasst hatte, versteht gar nicht, worauf sich der kryptische Hinweis bezieht.

Eine noch viel absurdere Darstellung bleibt allerdings unkorrigiert. Vor dem „historischen Rückblick“ schreitet Moderatorin Petra Gerster zu einem Videoscreen im Studio, der ein Luftbild von Jerusalem zeigt, und verkündet: „Jerusalem grenzt an Israel“. Die Stadt hat also mit dem Staat nicht zu tun, auch der Westteil nicht. Regierung und Parlament Israels sitzen offenbar nach ZDF-Weltsicht widerrechtlich dort. Ein israelfreies Jerusalem – genau das wäre auch der dringende Wunsch der Hamas, wenn diese in deutschen Medien gern als „Palästinenserorganisation“ (und nicht Terrororganisation) apostrophierte Truppe nicht sowieso die Auslöschung des Judenstaates als oberstes Ziel verfolgen würde.
Im Oktober 2017 erklärte der Hamas-Chef Yahya Sinwar: „Die Zeit, in der die Hamas die Anerkennung Israels diskutiert hat, ist vorbei. Nun wird die Hamas über den Zeitpunkt diskutieren, wann wir Israel auslöschen werden.
Selbstredend sendete das ZDF darüber im Oktober keine aufgeregte heute-Meldung. Und erwähnte Sinwars Drohung konsequenterweise auch in seiner Sendung am 6. Dezember nicht. Denn das hätte schlecht zu dem Tenor aus Mainz gepasst, der durchgängig lautete: Trump gefährdet den Friedensprozess im Nahen Osten. Das heute-Journal erwähnte auch an keiner Stelle, dass Trump seine Anerkennung als Hauptstadt ausdrücklich nicht auf ganz Jerusalem bezieht, sondern die Möglichkeit einer palästinensischen Hauptstadt Ostjerusalem offen hält – natürlich nur gegen eine Friedenslösung, die mit der Hamas nicht zu bekommen ist.

Eine Anfrage vom Freitag, warum das ZDF meint, Jerusalem grenze nur „an Israel“, blieb von dem Sender bislang unbeantwortet.
Publico reicht sie gegebenenfalls gern nach.   Alexander Wendt

 US-Präsident Donald Trump hat nur den falschen Namen. Würde er Obama heißen, wäre alles in Butter. „Jerusalem wird Israels Hauptstadt sein“ sagte Barack Obama auf einer Pressekonferenz in der Nähe der Gaza-Grenze am 23.Juli 2008. Die selektive Wahrnehmung und Gedächtnisschwäche in der Berichterstattung besonders der deutschen Medien ist beeindruckend. Siehe hier das AP-Video.


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