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Dienstag, 19. Dezember 2017

Wüllenweber wittert


Der Stern und Sachsen – das ist eine lange Geschichte, die immer nach den gleichen Mustern und in vielen Fortsetzungen abläuft. Ungefähr wie „Der Rosarote Panther“, nur entschieden weniger lustig. Im Fall des Magazins aus Hamburg bemühen sich journalistische Detektive in jeder Folge, sächsische Nazis ins Licht der Öffentlichkeit zu zerren.
Um nicht falsch verstanden zu werden: natürlich gibt es in Sachsen auch Leute, für die der Begriff Nazi angemessen ist. Zwar nicht immer so viele auf einmal und an einem Ort wie kürzlich vor dem Brandenburger Tor in Berlin, aber doch einige. Nur ertappen die Clouseaus aus dem Norden regelmäßig die Falschen.

Und weil ein wachsendes Publikum dieser Serie ihre Bemühungen von Mal zu Mal komischer findet, geht es das nächste Mal gleich noch ein bisschen verbissener zur Sache. Stern-Autor Walter Wüllenweber hatte vor einiger Zeit eine Stern-Titelgeschichte über Sachsen, „das dunkelste Bundesland Deutschlands“ verfasst, die vor Verdrehungen, Manipulationen und hysterischer Schaumschlägerei nur so strotzte. Jetzt gibt es auf stern.de einen neuen Wüllenweber-Report über das Dunkelland: Nazis bei der sächsischen Polizei. Jedenfalls Fast-Nazis. Beziehungsweise etwas, was jedenfalls Walter Wüllenweber daran erinnert.
Der Autor nimmt ordentlich Anlauf: Ein „Fiasko“ sei der Pressetermin zur Vorstellung des neuen Anti-Terror-Panzers geworden:
„In den sozialen Netzwerken fliegt den Verantwortlichen jetzt ein kleines, pikantes Detail um die Ohren. Nutzer entdeckten, dass die Sitze des Fahrzeugs bestickt sind. Mit einem Logo und dem Schriftzug “Spezialeinsatzkommando Sachsen”, in einer Ästhetik (Frakturschrift, Lorbeerkranz, stilisierte Adlerschwingen), die manch einen an die Symbolik des Dritten Reiches erinnert.“
Nun handelt es sich bei dem SEK-Logo auf dem Sitz des Fahrzeugs um eine Art allegorischen Auffahrunfall, kombiniert mit der Typografie des Terrors: Das sächsische Staatswappen im Lorbeerkranz mit gestreckten Bundesadlerflügeln, dazu in einer häßlichen Frakturschrift die amtliche Bezeichnung der Polizeieinheit. Aber „Symbolik des Dritten Reiches“? Kommt nicht vor, außer im Vorspann zu Wüllenwebers Text. Zumindest kann der Stern-Mann einige Twitter-Zeugen („manch einen“) auftreiben, die sich an das Dritte Reich erinnert fühlen, wenigstens ein bisschen, wie ein gewisser Andreas Raabe:
„Hübsches Logo! Fast wie früher … fehlen nur Adler und Kreuz. Frage mich, wer sich sowas ausdenkt heutzutage im Freistaat #Sachsen ?“
Ja, fehlen nur noch Reichsadler mit Hakenkreuz. Mit anderen Worten: Käme jetzt ein Nazisymbol dazu, wäre der Naziskandal perfekt. Wenn überhaupt, dann erinnert das ganze entfernt an das Logo der Deutschen Reichsbahn, die in der DDR bis 1990 verkehrte.
„Dutzendfach prasselt nun Kritik auf das Sächsische Staatsministerium des Innern ein“, textet der Hamburger Fahnder, und schreibt zum Beweis sechs Tweets ab, die allerdings auch keinen Aufschluss auf ein verstecktes Stück des Dritten Reiches bringen. Dann fragt er noch beim Sprecher des sächsischen Innenministeriums nach, der allerdings halsstarrig in Frakturschrift und Lorbeerkranz und vermutlich sogar im sächsischen Staatswappen „keine rechte Attitüde“ erkennen will. Woraus der Autor eine schöne Headline fertigt: „Rechte Attitüde? Stickerei in sächsischem Polizeifahrzeug sorgt für Empörung“. Nämlich beim Stern-Schreiber und einem Halbdutzend Leuten mit Twitteraccount.

Immerhin, die sächsische Grünen-Fraktion will eine kleine Anfrage stellen.
Apropos: Der Gründer des Hamburger Blattes Henri Nannen soll vor 1945 das eine oder andere mit dem Dritten Reich zu tun gehabt haben.
Wenn Sie jetzt noch eine Verbindung zwischen Nannen und Sachsen herstellen, Walter Wüllenweber, dann ist Ihnen die nächste Titelgeschichte im Stern sicher.  Alexander Wendt


Das Rheingau ist die älteste Kulturlandschaft Deutschlands. Angeblich veranlasste Karl der Große, dort Wein anzubauen. Wahrscheinlicher ist, dass die Römer - die ja auch den Taunus unddie Wetterau nicht im Barbaricum lassen wollten und daher fern der natürlichen Wasserbarriere eine Limesnase nach Norden schoben - den dortigen Weinanbau begannen (falls die Griechen von Massilia, die die Reben das Rhonetal entlang verbreitet haben, nicht auch längst den im Rheintal ansässigen Kelten bereits auf die Sprünge geholfen hatten).

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