Stationen

Sonntag, 3. Dezember 2017

Königgrätz revisited

Zuerst müssen die Vorgänge auf der großen politischen Bühne abgehandelt werden, aber ganz fix. Martin Schulz stellt mit Donnergroll fest, die Nachricht vom Eintritt der SPD in die nächste große Koalition sei grob voreilig. Erst müsste er nämlich mit seinen Genossen das Regierungsprogramm fertigstellen: Also Abschaffung der Privatärzte, viel mehr Europa, hundertprozentige Steuer auf Glyphosat und Abitur für alle, darunter wird es die „stolze Partei“ (M. Schulz) nicht machen. Also dauert es noch ein bisschen, bis Vizekanzler und Kanzlerin vom Balkon winken. Nico Hofmann hat der ufa schon die Rechte für den großen Film gesichert, für die Hauptrollen sind Stromberg und Mutter Beimer im Gespräch.
Dabei wäre es so leicht, die Berliner Regierungskrise mit einem Schlag zu lösen: durch den Anschluss Deutschlands an Österreich. Dort gibt es schon einen zurechnungsfähigen Kanzler und eine Koalition. Ländergrenzen bedeuten im Digitalzeitalter bekanntlich nichts mehr. Warum sollten wir uns also vor Sebastian Kurz abschotten? Wien als Hauptstadt macht außerdem etwas her. Martin Schulz sollte im Zuge von Königgrätz revisited ein typisch österreichisches Amt bekommen, dann wäre alles gut.
Im Künstlerhaus Bethanien in Berlin-Kreuzberg, das könnte Schulz vielleicht thematisch interessieren, gibt es seit neuestem eine Ausstellung namens „Märtyrermuseum“, die Schau ist, wie es heißt, Menschen gewidmet, die für ihre Überzeugung in den Tod gegangen sind: Sokrates, Martin Luther King, Ismael Mustafa. Letzterer war einer der Islamisten, die 2015 im Pariser Theater Bataclan 90 Konzertbesucher niedermähten. Die künstlerische Leiterin– nicht des Massakers, sondern der Ausstellung – eine Frau namens Ricarda Ciontos, teilte mit, die Künstler wollten „den Begriff des Märtyrers erweitern“.
Wenn man schon einmal beim Erweitern ist, könnte auch der Bürgermeister von Altena in die Kreuzberger Märtyrerhalle aufgenommen werden.
Im weitesten Sinn gehört auch der Brief des Oberbürgermeisters von Mannheim zu den kulturellen Ereignissen der Woche. Der beklagte sich beim baden-württembergischen Innenminister Thomas Strobl über eine Bande halbwüchsiger Marokkaner, die als so genannte Mufls – minderjähriger unbegleitete Flüchtlinge – die Stadt terrorisieren.
Eigentlich wären die Jungs auch ein Fall für das Märtyrermuseum, denn als Intensivtäter wird man nicht geboren. Zum Intensivtäter, darauf weist der Kriminalastrologe Christian Pfeiffer immer wieder hin, wird man durch Anzeigen erst gemacht.
Innenminister Strobl jedenfalls ließ ausrichten, er zermartere sich auch schon Tag und Nacht seinen Kopf über der Frage, was man gegen die marokkanischen minderjährigen Marodeure unternehmen könnte. Den Brief des Oberbürgermeisters habe er noch nicht beantworten können, dazu müsste er sich erst mit dem Sozialminister abstimmen, einem Grünen. Auch an den kommenden Abstimmungsverhandlungen in Stuttgart zeigt Nico Hofmann schon Interesse.
Das Böse maskiert sich oft als das Harmlose oder zumindest Niedliche, das wissen wir spätestens seit dem Auftritt des Jamaikamörders Christian Lindner. Wie weit dieses Täuschverhalten geht, brachte uns in der zum Glück abgelaufenen Woche Deutschlandradio Kultur nahe: Hunde sind Klimakiller auf Samtpfoten, die fast so viel Kohlendioxid produzieren wie der grüne 7er-BMW mit aufgeschnalltem Fahrrad von Simone Peter.
Und bei ihrem horrenden CO2-Ausstoß erfüllen die kleinen Scheißerchen noch nicht mal einen Zweck: „Ihre Knochen liefern nicht einmal Gelatine für Gummibärchen.“
Zum erweiterten Märtyrer wird man auf mittlere Sicht übrigens auch, wenn man Woche für Woche die Perlen aus Politik & Gesellschaft der Spätmerkelzeit zusammensucht.  Alexander Wendt

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