Stationen

Freitag, 8. Dezember 2017

Rüstzeug

Wer keine Zeit oder kein nachhaltiges Interesse daran hat, sich intensiv mit dem Nahost-Konflikt und der Berichterstattung darüber zu befassen, für den ist es dennoch möglich, beides im Kern zu verstehen. Man liest erst dieses Zitat von Golda Meir:
“The Muslims can fight and lose, then come back and fight again. But Israel can only lose once”. – Die Moslems können kämpfen und verlieren, und dann wiederkommen und erneut kämpfen. Aber Israel kann nur einmal verlieren.“
Und nimmt sich dann diese Wahrheit zu Herzen:
Wenn die Palästinenser/Araber die Waffen niederlegen würden, wäre Frieden. Wenn die Israelis dies täten, gäbe es morgen kein Israel mehr.
Um schließlich die Qualität der Berichterstattung zum Nahostkonflikt richtig einschätzen zu können, bedarf es lediglich der Lektüre des Klassikers von Claudio Casula: „So wird man Nahostkorrespondent – Eine Anleitung.“
Und schon hat man das Rüstzeug, um mit den Kommentaren zu der Entscheidung der US-Administration, Jerusalem endlich als israelische Hauptstadt anzuerkennen, umgehen zu können.

Staatstragendes Getue und Besserwisserei

Wenn staatstragendes Getue, Besserwisserei und Kenntnislosigkeit internationale Konflikte lösen könnten, würden deutsche Kommentatoren weltweit segensreich wirken. Lesen Sie selbst:
„Handelt es sich um den ganz normalen Trump’schen Wahnsinn? Oder hat Trump tatsächlich etwas entschieden, was unmittelbar zur Gefahr für den Weltfrieden werden kann? Die Entscheidung…, die US-Botschaft in Israel nach Jerusalem zu verlegen, bedeutet eine Erschütterung der gefährlichsten Region der Erde. Ein unabsehbares Risiko”, warnt dieLeipziger Volkszeitung“.
Oder:
“Nur jemand, der keinerlei Geschichtsverständnis hat, kann sich an einem so sensiblen Ort vergehen, indem er das nur halbwegs austarierte Verhältnis von Juden, Christen und Moslems in verstörender Weise gefährdet. Oder es ist Absicht. Dann gleicht der US-Präsident jemandem, der mit der brennenden Zigarette in der Hand seinen Wagen betankt. Und der riskiert, dass ihm alles um die Ohren fliegt“ behauptet das Flensburger Tageblatt“.
Nur auf den drohenden „Flächenbrand“ hinzuweisen, haben die beiden Nahost-Experten vergessen.
Im April machte Russland denselben Schritt wie jetzt die USA und erkannte Jerusalem als israelische Hauptstadt an. Das Schweigen im Nahen Osten und im deutschen Blätterwald war ohrenbetäubend. Russland darf das, die USA aber nicht? Putin ist neuerdings israelfreundlicher als die Vereinigten Staaten? Are you kidding me?

Alle dagegen? Dann macht Trump wohl was richtig

„Die Bundesregierung unterstützt diese Haltung nicht”, heißt es aus Berlin. Auch ein außenpolitischer Zwerg möchte sich halt mal in Sachen Nahost äußern. Wen kümmert es?
Die Entscheidung der Trump-Administration ist alles andere als die radikale Abkehr von bisherigen außenpolitischen Prinzipien der USA, wie Kritiker behaupten. Und wenn fast das gesamte europäische außenpolitische Establishment dagegen ist, spricht viel dafür, dass die Entscheidung richtig sein muß.
Der US-Kongress hat schon 1995 mit überwältigender überparteilicher Mehrheit den „Jerusalem Embassy Act of 1995“ (sehr lesenswert) verabschiedet, gegen den Präsident Clinton, trotz abweichender politischer Haltung, ein Veto einzulegen sich weigerte.
Clintons Nachfolger haben dem Umzug der amerikanischen Botschaft und der Anerkennung von Jerusalem als israelischer Hauptstadt im Prinzip zugestimmt, sogar Wahlkampf mit diesem Thema gemacht, im Amt dann aber die Rechtskraft des Gesetzes immer wieder verschoben. Der Unterschied zu Trump bestehe darin, dass er meinte, was er sagte und sein Wahlkampfversprechen einhielt. Am Mittwoch nannte Trump seine Entscheidung eine „Anerkennung der Wirklichkeit“. Und damit liegt er richtig.

Historisch, politisch und moralisch richtig

Souveräne Staaten haben das selbstverständliche Recht, ihre Hauptstadt zu benennen. Und es ist weltweite Praxis, dass andere Staaten dieses Recht anerkennen und ihre Botschaften in der Hauptstadt ansiedeln. Ist ein von Israel unterzeichneter Friedensvertrag vorstellbar, in dem Jerusalem komplett den Palästinensern übergeben wird und die Israelis auf ihre Hauptstadt verzichten? Natürlich nicht! Und daher ist der Schritt der USA nicht nur lange überfällig, sondern historisch, politisch und moralisch richtig. Und eben genau die Anerkennung der Wirklichkeit, die Trump meint.
Wenn Stabilität die Fortschreibung von Doppelmoral bedeutet, das fortgesetzte klein beigeben wegen Drohungen mit Gewalt, und die mächtigste Nation der Welt nicht die moralische Stärke besitzt, eigene Gesetze umzusetzen und die seit 70 Jahren bestehende historische Wirklichkeit zu akzeptieren, dass Jerusalem die Hauptstadt Israels ist, wer bestimmt dann die Richtlinien der Politik? Man darf Politik nicht daran orientieren, dass mit Gewalt gedroht wird.
Im Gegenteil: Man muss zeigen, dass selbst die glaubwürdige Drohung mit Gewalt eine demokratisch legitimierte Regierung nicht davon abhält, das zu tun, was sie als richtig und im Interesse des eigenen Landes erachtet. „Mit Terroristen ist nicht zu verhandeln“, erkannte einst Helmut Schmidt. Wie recht er hatte. Und man lässt sich von ihnen auch nicht die eigenen politischen Entscheidungen diktieren. Denn was ist es anderes, wenn Personen oder Regierungen mit Mord und Totschlag drohen, wenn ihnen die weltweit völlig übliche Entscheidung zweier souveräner Staaten nicht passt?

Appeasement, immer wieder von der Geschichte diskreditiert

Glauben die klugen Kommentatoren wirklich, dass die arabischen Verbündeten der USA, angewiesen auf deren finanzielle oder militärische Unterstützung und auf US-Beistand angesichts der wachsenden Bedrohung durch den Iran, ihre eigenen nationalen Sicherheitsinteressen auf Spiel setzen, um gegen den Umzug einer Botschaft zu protestieren? Ausgerechnet wegen Befindlichkeiten bei den Palästinensern, die bei ihren muslimischen Brüdern ohnehin eine ganz nachgeordnete Rolle spielen?
Schauen wir mal, wie die Radikalen wirklich reagieren. Da kommt nicht viel, so meine Prognose.
Die Palästinensische Autonomiebehörde könnte ein ernsthaftes Friedenssignal senden, wenn sie die finanzielle Unterstützung der Familien der Mörder beendet, die unschuldige Israelis umgebracht haben. Auch da gehen die USA mit einem wichtigen Signal voran. Mit dem am Dienstag im Repräsentantenhaus verabschiedeten „Taylor Force Act“, der die Reduzierung von US-Unterstützung an die Palästinenser vorschreibt, soweit die sogenannten „pay-for-slay“-Zahlungen nicht enden. Mit breiter überparteilicher Unterstützung.
Kritik an der Entscheidung von Trump ist nichts als Appeasement, immer wieder von der Geschichte diskreditiert. Es könnte Gewalt geben, einen Flächenbrand. Das ist das einzige Argument, das die Gegner vorzubringen vermögen. Und weil das so fürchterlich schwach ist, wohl auch das hysterische Hyperventilieren gegen die Konsequenz des Weißen Hauses. Ich persönlich bin fest davon überzeugt, dass Frieden im Nahen Osten nur möglich ist, wenn Gewalt oder Gewaltandrohungen mit größtmöglicher Entschlossenheit und Konsequenz begegnet wird. Die den Preis für Terror und Krieg in so astronomische Höhen treiben, dass die Radikalen davon ablassen.   Joachim Nikolaus Steinhöfel

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