In den deutschen Medien bestanden die Berichte
über das G 7-Treffen im kanadischen La Malbaie eigentlich nur aus
einem Bild, dem Foto des offiziellen Kanzleramts-Fotografen Jesco
Denzel. Regierungssprecher Steffen Seibert verschickte das Dokument an
die Redaktionen des Landes. Es zeigte
Merkel, wie sie mit aufgestützten Armen über einen Tisch weg Donald
Trump fixiert, der seinerseits an ihr vorbeisieht. „Merkels eiskalter Blick und Trumps trotzige Pose“,
dichtete bento. So oder so ähnlich klangen auch die längeren oder
kürzeren Gipfelberichte der meisten anderen deutschen Medien. Nur wer
genauer hinschaute, sah, dass Merkel gar nicht mit Trump sprach und er
nicht mit ihr, sondern dass er Frankreichs Präsident Emmanuel Macron
zuhörte, der auf dem vom Kanzleramt ausgewählten Foto allerdings fast
komplett verdeckt war. Es gab von der Szene, in der die Staatsführer
über das Kommuniqué debattierten, noch ein Dutzend andere Bilder von
Fotografen, die aus anderen Ecken des Raums fotografierten. Dass alle
sieben Presseabteilungen mit speziell für die Medien ausgesuchten
Bildern versuchten, ihren jeweiligen Staatschef möglichst gut dastehen
zu lassen, gehört zum Handwerk der Spin doctors.
Zusammengenommen zeigten die Fotos allerdings eine Szene, an der es auch
mit dem besten Spin nicht mehr viel zu deuten gab: Merkel spielte eher
die Rolle einer Randfigur, beim Feilschen um die Abschlusserklärung wie
auch bei dem finalen Krach. Der fand zwischen Trump und dem kanadischen
Präsidenten Justin Trudeau statt.
Nach dem Treffen des
Europäischen Rats am 28. Juni in Brüssel versuchten Merkels Leute nach
dem gleichen Muster eine Deutung zu streuen: Angela Merkel als zentrale
Politikergestalt des Kontinents hat eine europäische Lösung der
Migrationskrise erzwungen. Oder jedenfalls den Beginn einer Lösung. Zur
Erinnerung: Innenminister Horst Seehofer hatte angekündigt, er werde
Migranten mit Einreiseverbot nach Deutschland sofort an der Grenze
zurückweisen lassen (was bereits an einigen Grenzübergängen passiert),
außerdem wolle er auch alle schon in anderen EU-Ländern per
Eurodac-Fingerabdrucksystem registrierten Asylbewerber direkt abweisen.
Weil Merkel das als „einseitige Maßnahme“ verwarf, teilte er am 18. Juni mit, ihr zwei Wochen Zeit zu lassen, um eine solche Zurückweisung mit den anderen EU-Ländern zu regeln. Sollte sie eine „wirkungsgleiche“
Vereinbarung erreichen – also eine Abmachung, die genau so wirkt, als
würde Deutschland illegale Migranten aus eigener Entscheidung
zurückweisen – dann, so Seehofer, sollte ihm das recht sein. Merkel
behauptete am Samstag, den 30. Juni, das, was sie in Brüssel in
nächtlichen Verhandlungen herausgeschlagen hatte, sei sogar „mehr als wirkungsgleich“.
Nach dieser Logik hätte sich die Spannung in Berlin wohlgefällig
auflösen können. Seehofer könnte mit Rückendeckung der Regierungschefin
ab Montag auch die bereits anderswo in der EU registrierten Asylbewerber
gar nicht erst nach Deutschland hereinlassen. Bekanntlich kam es nicht
so. Sondern Horst Seehofer stellte am späten Sonntagabend in München
auch offiziell fest, er könne mit dieser Kanzlerin nicht mehr
zusammenarbeiten.
Zunächst zu Merkels via Spindoktoren
ventilierten Darstellung, sie habe mit 14 EU-Staaten die grundsätzliche
Bereitschaft für Rücknahmeabkommen ausgehandelt: Tschechien, Polen und
Ungarn dementieren umgehend, sie seien zu einem Rückführungsabkommen
bereit. Griechenland und Spanien wiederum, beide weit links regiert und
zurzeit die einzigen wirklichen Unterstützer Merkels, wollen zwar
Migranten zurücknehmen, die bereits in ihren Ländern registriert worden
sind, mit anderen Worten, Migranten, für die sie sowieso zuständig sind.
Aber die Rücknahme gibt es nur dann, falls beide Länder dafür
gleichzeitig Migranten nach Deutschland schicken dürfen, wenn dort nach
deren Angaben schon ein Familienangehöriger lebt. Genau diese Regelung,
nach der sich Migranten ihr Zielland selbst aussuchen dürfen mit der
praktisch gar nicht überprüfbaren Angabe, sie hätten anderswo schon eine
„Ankerperson“, diese Regelung hatte das Europäische Parlament schon 2017 als „Dublin-Reform“ mehrheitlich beschlossen.
Merkel vereinbarte nun offenbar ohne Kabinetts- und Bundestagsbeschluss
mit zwei Ländern einen Modus, der per Saldo mehr und nicht weniger
Migration nach Deutschland bedeutet.
Zusammengefasst: drei Staaten
bestreiten, dass Merkel mit ihnen überhaupt etwas vereinbart hat, zwei
Länder würden gern mehr Migranten schicken. Die anderen erklären, dass
vielleicht demnächst etwas mit ihnen vereinbart werden könnte. Alles in
allem gibt es allerdings den deutlichen Willen vor allem von Frankreich
und Italien, die Migration nach Europa künftig zu drosseln. Hier
wiederum fehlt Merkels Unterstützung, etwa in Gestalt einer öffentlichen
Erklärung, Europa und hauptsächlich Deutschland habe jetzt die Grenzen
der Belastbarkeit erreicht. Wie bei dem G7-Gipfel ist Merkel zur
Nebenfigur auch in Europa geschrumpft. Sie kann nichts mehr durchsetzen,
nichts mehr verhindern. Als Spielfeld bleibt ihr nur noch Berlin. Und
auch dort reicht ihre Kraft nur noch aus, um die Union effektvoll in die
Luft zu jagen.
Seit 2015 zieht sich ein konstantes Muster durch
Merkels Asylpolitik: Sie schaltete alle Ampeln auf Grün für mehr
Migration nach Deutschland, und wehrte sich – bis zur Stunde –
hartnäckig gegen die kleinste Begrenzung. In einer Schaltkonferenz ihres
Kanzleramtsministers Peter Altmaier mit den Ministerpräsidenten der
Länder nach der Grenzöffnung am 4. September 2015 versicherte der
Merkel-Vertraute damals, es handle sich um eine Ausnahmesituation, die
nur wenige Tage anhalten werde. Faktisch hält sie bis heute an. In der
Nacht zum 12. September 2015 verhinderte Merkel – was Robin Alexander in
seinem Buch „Die Getriebenen“
eindrucksvoll dokumentiert – die Umsetzung eines schon ausgefertigten
Befehls an die Bundespolizei, der vorsah, die Grenzen zu sichern und
illegale, also über sichere Drittländer einreisende Migranten
zurückzuweisen.
Die Kanzlerin hätte spätestens 2017 ohne
Gesichtsverlust erklären können, Deutschland habe 2015 und 2016 mehr
Migranten aufgenommen als alle anderen EU-Staaten zusammen, nun brauche
das Land eine Atempause.
Sie hätte im Mai 2018 diskret bei den
EU-Staaten um den Plan ihres Innenministers werben können, Migranten
zurückzuweisen, die in Deutschland ohnehin keine Chance auf Asyl
besitzen – weil für sie eine Einreisesperre gilt, oder weil ihr
Asylverfahren schon in einem anderen EU-Land läuft.
Sie tat auch das nicht. Lieber ließ sie spektakulär die Regierungsmehrheit und das Bündnis mit der CSU fahren.
Angela
Merkel ist ganz offensichtlich fest entschlossen, als Kanzlerin der
unbedingten und ungebremsten Migration unterzugehen. Ihre Begründung
besteht in der aggressiv-passiv vorgetragenen Behauptung, rechtlich
ginge es eben nicht anders.
Dazu hatte der frühere Präsident des
Bundesverfassungsgerichts Hans-Jürgen Papier in der vorvergangenen Woche
in Frauenchiemsee einen Vortrag gehalten, der diese entscheidende
Rechtslage seziert. Papier:
„Unter rechtlichen Gesichtspunkten
ist festzuhalten, dass es weder nach deutschem Verfassungs- und
Verwaltungsrecht noch nach europäischem Recht noch nach dem Völkerrecht
für Nicht-EU- Ausländer ein vorbehaltloses Recht auf Einreise in das
und auf Aufenthalt im Bundesgebiet gibt. Ein vorbehaltloses Recht auf
Aufnahme in der Europäischen Union zum Zwecke der Durchführung eines –
von vornherein aussichtslosen – Asylverfahrens besteht ebenfalls nicht.
Es gibt ein solches individuelles Menschenrecht auf einen Aufenthalt und
auf ein Leben in einem fremden Staat der eigenen Wahl, also auf
Einwanderung in den Staat der eigenen Präferenz nicht, selbst wenn die
Einreise formal mit einem ersichtlich unzulässigen oder offensichtlich
unbegründeten Antrag auf Asyl verbunden wird oder wenn der Asylantrag in
einem erkennbar unzuständigen Mitgliedsstaat der EU gestellt werden
soll. Ohne eine solche Einreiseerlaubnis ist die Einreise nach
Deutschland oder in die Europäische Union illegal; sie ist de iure
grundsätzlich zu verweigern. Die Verwaltungspraxis in Deutschland
entsprach und entspricht dem eindeutig nicht.
Nach § 18
Abs. 2 des Asylgesetzes ist dem Ausländer die Einreise zu verweigern,
wenn er aus einem sicheren Drittstaat einreist. Alle EU-
Mitgliedsstaaten gehören zu den sicheren Drittstaaten. Deutschland ist
ausschließlich von solchen Staaten umgeben, sodass alle Nicht-EU-
Ausländer, die auf dem Landweg nach Deutschland kommen, betroffen sind.
Von dieser Einreiseverweigerung oder „Zurückschiebung“ ist nach dieser
Vorschrift abzusehen, wenn Deutschland nach dem Recht der EU für die
Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist oder das Bundesministerium
des Innern dies aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur
Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland
angeordnet hat. Nach der Dublin-III-Verordnung der EU ist Deutschland
nicht automatisch zuständig für alle auf seinem Gebiet gestellten
Anträge, grundsätzlich zuständig ist das sogenannte Erstzutrittsland der
Europäischen Union. Das sogenannte Selbsteintrittsrecht Deutschlands
begründet keine Rechtspflicht, eine solche Übernahme der Zuständigkeit
erfolgt freiwillig, sie darf daher zwingendes nationales Recht nicht
missachten und das vom EU-Recht bestimmte Regel-Ausnahme-Verhältnis
nicht in sein Gegenteil verkehren.“
Verfassung und Recht
gebieten es geradezu, zumindest die Begrenzung der Zuwanderung nach
Deutschland durchzusetzen, wie sie Seehofer vorgesehen hatte. Gegen
Merkel stehen in den letzten Umfragen etwa 60 Prozent der deutschen
Wähler, gegen sie steht die Rechtslage, gegen ihre Einladungspolitik
stehen fast alle EU-Staatschefs. Von den mittelosteuropäischen Ländern
schlägt ihr offene Verachtung entgegen.
Vor zwei Jahren sagte der britische Historiker Niall Ferguson:
„Sie ist die Brünnhilde, die am Ende in die Flammen reiten wird.“
Er hat Recht behalten. Wendt
So verrückt wie Merkel war nicht einmal Hitler. Der hätte ab einem gewissen Zeitpunkt nicht mehr zurück gekonnt, selbst wenn er gewollt hätte. Aber Merkel hätte in den letzten zweieinhalb Jahren immer wieder ohne Gesichtsverlust einlenken können.
Und die Gefolgschaft? Hitler hatte eine wahrlich unheimliche Gefolgschaft. Er regierte gegen Minderheiten, aber nie gegen den Willen des eigenen Volkes, trotz Propaganda. Im Gegenteil, der Willen des Volkes stärkte ihm lange den Rücken und konnte noch länger durch Propaganda belebt werden, als er endlich schwach wurde. Merkel hat ihre freiwillige Gefolgschaft des Irrsinns nur in den freiwillig sich selbst gleichschaltenden, immer extremer nach links gerückten Medien, nicht im Volk. Das Volk ist müde und verschaffte Merkel nur deshalb noch einmal eine Mehrheit, weil es Angst hat, Merkels Kritiker könnten rechthaben.
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