Freitag, 28. Februar 2020
Die Stasi ist wieder da
Jetzt kann der Kryptostalinist Helmut Böttiger endgültig in die Fußstapfen von Fritz Rudolf Fries treten.
Bei einem Vortrag in kleiner Runde spricht der Osteuropa-Historiker Jörg Baberowski über die Bedeutung Nikita Chruschtschows für die Entstalinisierung der Sowjetunion. Namentlich seine sogenannte Geheimrede sei ein ungeheuerlicher, historisch singulärer Vorgang gewesen, denn da habe ein Täter vor anderen Tätern über ihre gemeinsamen Verbrechen gesprochen und mit ihnen abgerechnet. Baberowski findet auch eine prägnante Formel zur Erklärung, welche enorme Rolle der Sieg im Krieg gegen Deutschland für die nationale Identität der UdSSR damals und heute Russlands spielt: Die Gesellschaft war nach Stalins Tod gespalten in Täter und Opfer. Aber sie konnten sich gemeinsam als Sieger fühlen. Die Opfer konnten Sieger sein – ein Angebot, das sich nicht ablehnen lässt.
Als Stalin starb, brachen die Menschen auf der Straße in Tränen aus. Auch seine Opfer und Gegner, wie mir Andrei Volkonsky erzählte.
Wie das? Die Erklärung ist einfach. Ein Teil ihres Lebens starb gerade. Stalin war so intensiv in ihr Leben eingedrungen, dass das Verschwinden der seit ahrzehnten alles bestimmenden Lebensbedingung und die plötzliche Ungewissheit Weinkrämpfe auslösten.
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