Sie sind ja Deutscher!
Ich bin deutscher Staatsbürger, aber
kein Deutscher. Ich gelte als Syrer mit deutschem Pass. In Deutschland
unterscheidet man zwischen dem Staatsbürger und dem Deutschtum. Ich füge
mich und nenne mich Syrer. Der deutsche Pass gibt mir Rechtssicherheit
und ich nehme mir die Rechte, die viele Deutsche gar nicht brauchen.
Sie
kamen als Syrer und Antisemit nach Deutschland. Mittlerweile sind Sie
eingebürgert und machten eine wahnsinnige wissenschaftliche Karriere in
diesem Land. Ihr Beispiel macht doch Hoffnung, dass Integration gelingen
kann.
Sie sagen, ich habe hier eine wahnsinnige Karriere gemacht
– das stimmt nicht! Ich bin mit 28 Jahren Professor in Göttingen
geworden, aber das war auch das Ende meiner Karriere in Deutschland.
Meine Karriere habe ich in Amerika gemacht. In Deutschland bin ich
ausgegrenzt, getreten und gemobbt worden. Eine Willkommenskultur habe
ich nie erlebt. Der einzige Grund, warum ich hier blieb, ist meine
deutsche Familie. Die wollte nicht nach Amerika gehen. Die Entscheidung
war womöglich falsch.
Warum haben Sie den deutschen Pass angenommen?
Ich
wollte Deutscher sein. 1971 habe ich einen Antrag gestellt. Es hat fünf
Jahre gedauert, bis ich ihn bekommen habe. In diesen fünf Jahren wurde
ich unheimlich gedemütigt. Ich hatte einen deutschen Doktortitel, eine
deutschsprachige Habilitation geschrieben. Aber stellen Sie sich vor:
Auf dem Amt diktierte mir ein deutscher Polizist einen Text aus der
Bild-Zeitung, um meine Deutsch-Kenntnisse zu prüfen. – Wie wollen die
Deutschen 1,5 Millionen Muslime integrieren, wenn sie mich, der ich
dreissig Bücher in deutscher Sprache geschrieben habe, nicht integrieren
konnten? Interview mit Bassam Tibi
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