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Dienstag, 26. Juli 2016

Nach und nach




Deutsche Schwimmbäder scheinen sich derzeit bei Einwanderern aus vielfältigen Gründen großer Beliebtheit zu erfreuen. Neben dem natürlichen Wunsch nach Abkühlung besteht vielleicht jene besondere Anziehungskraft des Wassers, das auf Völker kargerer, sonnenverbrannter Landstriche seine eigentümliche Faszination auszuüben vermag. Und dann ist da noch die nackte Haut junger Frauen und Mädchen, die man einerseits begehren, andererseits verdammen kann. Ein beinahe bigotte Schizophrenie, die ihre Ursache in einer spezifischen religiös-kulturellen Sexualmoral hat.

Haben dieser Tage überdrehte junge Migranten in Kirchheim/Treck mehrere minderjährige weibliche Badegäste sexuell belästigt und teilweise gar ausgezogen, so störte sich im FKK-Bereich des Freibades Xantener Südsee eine Gruppe bärtiger Muslime wiederum gerade am Zuviel an textilloser Haut.

Frauen wurden dort unter anderem als „Schlampen“ beschimpft, die „Ausrottung“ von „Ungläubigen“ angedroht, und zwischendurch wurde dabei „Allahu akbar“ („Gott ist groß“) gerufen.
Nun dürften nicht mehr viele der betroffenen Badegäste, aber erst recht kaum einer der zu uns gekommenen „Neubürger“, wissen, daß FKK ein bedeutendes deutsches Kulturgut darstellt, das im Laufe der Lebensreform-Bewegung um 1900 entstand. Die Beschimpfungen gegen die Freibad-„Schlampen“ treffen also unsere Kultur im Prinzip stärker ins Mark als eine blutige Attacke in einer McDonalds-Filiale.

Die deutsche Lebensreform-Bewegung versuchte um 1900 mit zahlreichen Vereinen und Gruppierungen eine Antwort auf die Entfremdungen der industrialisierten Lebenswelt zu geben. Zivilisationsschäden sollte durch eine Rückkehr zu naturverbundenen Lebensweisen Einhalt geboten werden. Viele Dinge, die uns heute alltäglich erscheinen, sind Ergebnisse der damaligen Überlegungen. So beschäftigte man sich mit ökologischer Landwirtschaft, Schrebergärten, Vegetarismus, Naturheilkunde, Vollkornprodukten.
Die heutige luftige Kleidung ohne Korsagen und zahlreiche Unterröcke ist auch ein Resultat der damaligen Bemühungen. Ebenso die Reformpädagogik und die Einrichtung von Landschulheimen. Alkohol, Nikotin, Kaffee, aber auch Zucker gerieten hingegen in die Kritik. Wissenschaftler streiten heute darüber, ob die Reformbewegung modern oder gar „reaktionär“ war. Jedenfalls umfaßte sie ein breites politisches Spektrum, zu dem durchaus „völkisch“-nationale Vertreter gehörten.
Auch die Freikörperkultur wurde von Vertretern der Lebensreform-Bewegung begründet, darunter die Künstler Karl Wilhelm Diefenbach und Fidus sowie der Publizist Heinrich Pudor. Es ging den FKK-Anhängern um „strenge Leibeszucht“ und eine Abkehr von zivilisatorischen Degenerationserscheinungen. Heute würde man von Achtsamkeit gegenüber dem eigenen Körper reden, der bei frischer Luft und Sonnenlicht gesunden sollte.

Zahlreiche dieser Errungenschaften der deutschen Lebensreform könnten nun im Zuge einer Islamisierung der Gesellschaft zumindest zurückgedrängt werden. Die Kritik an Alkohol oder die Schrebergärten wären davon wohl nicht betroffen. Sehr wohl aber könnten reformpädagogische Bemühungen im Gefolge des Zuzugs bildungsferner Schichten ihren gesamtgesellschaftlichen Anspruch einbüßen. Zwar wird es noch sehr lange dauern, bis luftig-leichte Kleidung für Frauen aus den Bekleidungsgeschäften verschwindet, aber ein gewisser Gegentrend ist mit der Zunahme von Ganzkörperverhüllung, Kopftüchern, Tschadors oder gar Burkas im Straßenbild wahrnehmbar.
Vegetarismus ist heute vor allem ein Thema für jüngere Kritiker der Massentierhaltung aus dem urbanen Bürgertum. Es ist zumindest möglich, daß auch das Wachstum dieser Tendenz durch die demographische Entwicklung gestoppt wird. Der Veggie-Burger wird dann gegenüber Halal-Fleisch, Döner Kebap und Köfte nur in der Randposition verharren, statt zum großen Siegeszug anzusetzen.
Vor allem aber dürfte der ungezwungene Umgang der Geschlechter unter der Islamisierung deutlich leiden. So war es eine Errungenschaft der mit der Lebensreform verbundenen Wandervogel-Bewegung, das Jungen und Mädchen ungezwungen miteinander ihre Freizeit verbringen und verreisen können. Gerade diese Gemeinsamkeit der Geschlechter wird aber von muslimischen Eltern häufig in Frage gestellt.

Noch gibt es Urteile, zum Beispiel zum gemeinsamen Schwimmunterricht, die einer Trennung der Geschlechter entgegen wirken, doch ist nicht sicher, wie lange eine solche Position bei möglicherweise wachsendem Druck aus der Elternschaft aufrecht erhalten wird.
Auch bei der Freikörperkultur könnte die Faktizität der gesellschaftlichen Verhältnisse zu deren langsamen Ende führen. Das müßte, ähnlich dem Schweinefleisch, gar nicht in der unbeliebten Vorgehensweise mittels Verboten geschehen, die das Außenbild der liberalen Gesellschaft beschädigen würden. Wenn es wiederholt zu Beschimpfungen und Bedrohungen von Badegästen kommt, werden diese womöglich schon aus der veränderten Sicherheitslage heraus in Zukunft eher darauf verzichten, einen FKK-Strand aufzusuchen.
Den Bade-Betreibern wäre es dann ein leichtes, zu argumentieren, daß das Angebot gar nicht mehr ausreichend wahrgenommen werde, so daß aus Rentabilitätsgründen der FKK-Bereich geschlossen werden müßte. Nicht nur Aufsichtspersonal ließe sich so einsparen, auch ein Konfliktherd könnte elegant aus der Welt geschafft werden. So werden scheibchenweise Positionen aufgegeben.  Claus Wolfschlag

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