Polizeiliche Hausdurchsuchungen versetzen die Betroffenen, die keine
Berufskriminellen sind, in einen Schockzustand. Sie verspüren eine
kafkaeske Ohnmacht gegenüber der Staatsgewalt. Die Wirkung reicht tiefer
als ein gewöhnlicher Wohnungseinbruch. Einbrecher begnügen sich zumeist
mit Wertsachen – was schon zur nachhaltigen Traumatisierung der Opfer
führen kann –, die Ermittlungsbehörden aber dringen gezielt in die
Privat- und Intimsphäre ein.
Außerdem führt die Polizeiaktion zur sozialen Stigmatisierung in der
Nachbarschaft und im gesamten Umfeld, so am Arbeitsplatz. Die
Ausgrenzung tritt desto sicherer ein, wenn die Durchsuchung unter Getöse
um sechs Uhr früh in Gang gesetzt wird, was den Anwohnern die
Gefährlichkeit des Delinquenten signalisiert.
Funktionierende Rechtsstaaten wenden die Maßnahme deshalb nur
ausnahmsweise an, zur Abwehr von Terrorismus etwa oder zur Bekämpfung
von Schwerkriminalität. Ist der Rechtsstaat beschädigt, wird die
Hausdurchsuchung benutzt, um unliebsame Personen zu demoralisieren, zu
isolieren und politisch auszuschalten, und das alles streng nach Gesetz!
Welche Motive für die über sechzig Hausdurchsuchungen ausschlaggebend
waren, die vorige Woche in 14 Bundesländern wegen sogenannter
„Haßpostings“ im Internet veranstaltet wurden, kann hier nicht
entschieden werden. Die Äußerungen von Politikern, aus Behörden und
Pressekommentare lassen aber vermuten, daß ermittlungstaktische oder
juristische Notwendigkeiten nicht eben im Vordergrund standen.
Mit dem Einsatztag sollten „auch“ die Bürger „sensibilisiert“ werden,
ließ das BKA verlauten. Wer im Internet auf Haßpostings stoße, solle
Anzeige erstatten. Justizminister Heiko Maas triumphierte auf der
Internetseite seines Ministeriums: „Das entschlossene Vorgehen der
Ermittlungsbehörden sollte jedem zu denken geben, bevor er bei Facebook
in die Tasten haut.“ Die Schlagzeile von Spiegel Online nannte die Aktion offen eine „Erzieherische Maßnahme“.
Solche Einlassungen wecken Zweifel zwar nicht an der Legalität, aber
an der Legitimität der Aktion. Es handelt sich offenbar um eine
politisch intendierte Maßnahme, bei der Polizei, Staatsanwaltschaft und
der Verfassungsschutz in Marsch gesetzt wurden, um die öffentliche
Debatten- und Meinungsbildung einzugrenzen.
Nun gibt es überhaupt keinen Zweifel, daß im Internet zahllose
Äußerungen kursieren, die blödsinnig, unbedarft, ekelhaft, mitunter
strafwürdig und auch geeignet sind, Haß gegen Andersdenkende zu schüren.
Doch es fällt auf, daß staatlicherseits nur solche Eintragungen und
Mails als kriminell eingeschätzt werden, die von Rechten beziehungsweise
– wie in diesem Fall – von Gegnern der von der Bundesregierung
betriebenen Massenzuwanderung stammen.
Wenn der BKA-Präsident meint, die Angriffe auf Flüchtlingsheime seien
„häufig das Ergebnis einer Radikalisierung, die auch in sozialen
Netzwerken beginnt“, so ist das vorerst nur eine Behauptung und als
Begründung um so fragwürdiger, weil zur gleichen Zeit die staatlichen
Institutionen vor kriminellen Araber-Clans und gewalttätigen
Linksautonomen zurückweichen und keine Anstalten machen, gegen die reale
Bedrohung, der AfD-Politiker von einschlägiger Seite ausgesetzt sind,
vergleichbar vorzugehen.
Es wird also zwischen „guter Gewalt“ unterschieden, mit der man sich
arrangiert und die man teilweise sogar für nützlich hält, weil sie sich
im Ergebnis als machtkonform und systemstabilisierend erweist, und der
„schlechten Gewalt“, die schon im virtuellen Bereich, also beim rechten
Meinungsverbrechen einsetzt.
Das Verbrechen beginnt, wo das Gewalt-Arrangement als
multikultureller Kollateralschaden kritisiert oder nach den finanziellen
und den immateriellen Kosten der Zuwanderung gefragt wird.
Um zu
verhindern, daß aus unartikulierter Unzufriedenheit ein
Stimmungsumschwung und schließlich ein politisches Handeln hervorgeht,
wird ein Klima der Ungewißheit, der Angst und Denunziationsfreude
erzeugt, auf daß jeder Andersdenkende den Imperativ verinnerlicht: Paß
auf, was du sagst, sonst bekommst du in deinen vier Wänden die
Entschlossenheit der Behörden zu spüren!
Durch die Normierung der Sprache soll das politische Denken
gleichfalls normiert und beschränkt werden, so daß es niemand mehr
möglich ist, grundsätzliche Gegenpositionen zu formulieren. Eingesperrt
in das Gehäuse einer infantil-buntisierenden Zweckrationalitat, könnten
öffentliche Diskussionen sich nur noch um die Verwirklichung
regierungsamtlicher Vorgaben drehen.
Bis dieses Stadium kollektiver Verdummung und Gleichschaltung
erreicht ist, wird zum Kampf gegen die „Haßsprache“ geblasen.
Justizminister Heiko Maas hat diese Woche gegenüber Facebook abermals
zur strikteren und „effektiveren“ Zensur dagegen aufgerufen. Die „Hate
speech“ ist eine Erfindung linksliberaler Weltverbesserer aus Übersee,
die – kurz gesagt – einem farbig-feministischen Minderheiten- und
antiweißen Schuldkult anhängen.
In Deutschland vermischt sich der Haßvorwurf mit der justitiablen
Anklage der Volksverhetzung und NS-Propaganda. Wegen ihrer progressiven
Auslegung muß man inzwischen von Gummi- oder Ermächtigungsparagraphen
sprechen. Interessant ist der Vergleich zum Strafgesetzbuch der DDR, wo
der Staatsverleumdungs-Paragraph 220 denjenigen mit Gefängnis bedrohte,
der öffentlich die „Tätigkeit oder Maßnahmen“ des Staates oder von
Bürgern im Staatsdienst „verächtlich macht(e) oder verleumdet(e)“ oder
„Äußerungen faschistischen oder militaristischen Charakters (kundtat)“.
Als 1990 die Glocken zur Wiedervereinigung läuteten, ahnte niemand,
wieviel DDR-Potential in der Bundesrepublik steckt. Thorsten Hinz
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