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Freitag, 22. Juli 2016

Houellebecq

Sympathisanten des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan haben mit dem Segen der CDU-Parteiführung in Köln eine Initiative „Muslime in der Union“ (Midu) gegründet.

Mit „Allahu akbar“-Rufen feuern die Dschihadisten und Salafisten in Syrien und dem Irak gewöhnlich ihre Geschosse auf die „Ungläubigen“ ab. Kürzlich fand die Gründungsversammlung der MIDU, der Initiative „Muslime in der CDU“ in Köln, mit eben diesem Gebetsruf statt. Die Gründungsmitglieder, viele davon kopftuchtragende junge Frauen, erklärten einem Fernsehteam, dass sie sich als konservative sunnitische Muslime verstehen würden. Liberale Erdogan-Kritiker, türkische Aleviten, Kurden oder Muslime, die für die -  allerdings von der CDU miteingebrachte - Armenien-Resolution gestimmt haben, finden sich in dieser Initiative nicht.

Sprecher des neuen Arbeitskreises ist Cihan Sügür, nach eigenen Angaben ein „Social Media Aktivist“, der „als Experte Einwanderung und Digitalisierung in Wirtschaft und Gesellschaft“ behandelt. Er gibt zu, dass ein muslimisches Bündnis in einer christlichen Partei seltsam wirkt, doch der 25-Jährige argumentiert, dass man sich als CDU-Mitglied „nicht zum christlichen Glauben, sondern zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung“ bekennen müsse.

Ungefähr 30 zum größten Teil junge CDU-Mitglieder muslimischen Glaubens wollen sich so mit ihm in der Partei für ihre Interessen einsetzen. Seit etwa einem Jahr treffen sich Sügür und seine Mitstreiter schon.
Das Verhältnis zwischen der Türkei und Deutschland ist seit der Armenien-Resolution des Bundestages angespannt. Die zwischenstaatlichen Beziehungen sind eingetrübt, auch ein beträchtlicher Teil der in Deutschland lebenden türkischstämmigen Mitbürger lehnt diese Resolution ab. Das Misstrauen wird von Erdogan bewusst verstärkt, um dadurch ein neues Druckmittel gegen die deutsche Regierung zu bekommen. Tiefe Gräben zwischen den Türkeistämmigen tun sich auf, sogar in der Union. Auch Midu-Gründer Sügür ist mehr ein Anhänger von Erdogan als von Angela Merkel.

Das konservative türkische Milieu, das die Midu ansprechen will, unterstützt traditionell die türkische Regierungspartei AKP von Präsident Erdogan. Unter den Gründern der Midu-Initiative sind so auch AKP-nahe Organisationen vertreten. Dennoch hat die Midu den Segen von ganz oben, CDU Generalsekretär Peter Tauber schickte sogar ein Grußwort nach Köln.
Ähnlich wie Russlands Staatspräsident Wladimir Putin die Russlanddeutschen für seine Zwecke zu instrumentalisieren versucht, wenn auch nicht im Rahmen der CDU, so möchte Erdogan die türkischstämmigen CDU-Mitglieder für seine Zwecke einbinden. Ankara zeigt großes Interesse an der Organisationsstruktur der Türkeistämmigen in Deutschland. Erdogan hat vor zwei Jahren sogar ein eigenes Amt für die Auslandstürken geschaffen, um diese Beziehungen zu vertiefen. In Holland ist es ihm bereits gelungen, zwei ehemalige sozialdemokratische türkischstämmige Parlamentsmitglieder noch während der Legislaturperiode abzuwerben, die die Erdogan-freundliche Denk-Partei gegründet haben, der dank ihrer populistisch vorgetragenen Argumente und ihrer durch die Medien bekannten Zugpferde gute Aussichten bei Wahlen eingeräumt werden.

Bislang hatte in Deutschland noch keiner der elf türkischstämmigen Bundestagsabgeordneten die Idee, eine eigen Partei zu gründen. Nach Erdogans Drohung mit dem Bluttest für diese Abgeordneten zur Prüfung ihrer „Türkischkeit“, dürfte deren Sympathie für Erdogan kaum gestiegen sein.
Zu ihrer Gründungsversammlung lud die Midu unter anderem Vertreter des Zentralrats der Muslime sowie der Ditib (Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion e.V.) und der Atib (Union der Türkisch-Islamischen Kulturvereine in Europa e.V.) ein. Auch dies sind eher Erdogan freundlich gesinnte Verbände, denen der kirchenpolitische Sprecher der Grünen, Volker Beck, vor kurzem vorgehalten hatte, dass sie sich als angeblich religiöse Verbände eher um Religion als um Politik kümmern sollten. Das Verhältnis zu den muslimischen CDU-Abgeordneten im Bundestag und den Landtagen ist in den Reihen der Midu nicht konfliktfrei. Mit Oguzhan Yazici, der für die CDU in der Bremer Bürgerschaft sitzt, konnte man nur einen Landtagsabgeordneten gewinnen. Ansonsten fehlten die Schwergewichte unter den muslimischen Amts- und Mandatsträgern der CDU bei der Midu-Gründungsversammlung in Köln. Ihnen wurde deshalb vorgeworfen „weit weg von der muslimischen Basis und den Vereinen und Verbänden“ zu sein.  Bodo Bost

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