Stationen

Donnerstag, 1. Dezember 2016

Die Anti-Antisemitismussisten

Kann es ein – üblich polemisch aufgemachtes – Buch Henryk M. Broders wert sein, daß man sich in einer eigenen Gegenschrift daran abarbeitet? Günter Scholdt, emeritierter Professor für Literaturwissenschaft und bis 2011 Leiter des Literaturarchivs Saar-Lor-Lux-Elsass, ist offenbar dieser Meinung. Seine Abrechnung mit Broders nur scheinbar ikonoklastischem Werk Vergeßt Auschwitz! ist nun bei Edition Antaios in der kaplaken-Reihe als Band 36 erschienen.
Bereits die Kapitelüberschriften zeigen, daß Scholdts Anspruch deutlich umfassender ist, als eine reine Antithese abzuliefern. Broder dient hier nämlich nur als Stichwortgeber (inklusive seiner frechen Unterstellung des populären »Antisemitismus aus schlechtem Gewissen« in der postmodernen BRD). Scholdts wahres Anliegen ist eine Bestandsaufnahme der allgegenwärtigen Antisemitismus-Vorwürfe in unserer Zeit: von der begrifflichen Unschärfe aller Schlagworte mit dem Präfix »anti-« über die Hysterie rund um das simple Aussprechen apokrypher Wahrheiten und offener Geheimnisse bis hin zu den weltweiten, knallhart-politischen Nutznießern jener »moralisch erzwungenen Verdummung« (Egon Flaig).
Dabei vollbringt es der Autor, den scheinbar angestoßenen Diskurs sachlich zu entzaubern. Bedeutsam ist dabei die Klarstellung der moralischen Selbstüberhöhung der wenigen, die sich, wie Broder, aufgrund ihrer Herkunft im argumentatorischen Minenfeld der Holocaust-Lobby frei bewegen können. Ihr Dünkel der »verfolgenden Unschuld« (Scholdt) nimmt selbst israelkritische Juden wie Evelyn Hecht-Galinski oder Norman Finkelstein ins Visier; Broder selbst prozessierte bereits mehrfach in dieser Richtung. Scholdt leitet daraus zutreffend ab, daß es gerade den Deutschen unmöglich sei, durch noch so tiefe Kotaus und viele schöne Worte den »strukturellen Vorurteilen« der Gegenseite zu entgehen.
Scholdts Beweisführung entlarvt Broders Intention, die Fixierung auf alles, wofür das Pars pro toto »Auschwitz« steht, zugunsten einer noch bedingungsloseren Anbindung an das heutige Israel aufzugeben. Daß dies in einem feuilletonistischen, teils jovialen Tonfall geschieht, macht das Büchlein nur flüssiger zu lesen und vermag die scheinbar »häretischen« Aussagen für unsichere Leser verdaulich machen – ohne daß dadurch Scholdts Argumentation ihren Biß verlieren würde . Für all jene, die sich mit der Thematik bereits selbst auseinandersetzten, versammelt das Werk lediglich bereits Bekanntes in geraffter und zugespitzter Form.
Günter Scholdt: Vergeßt Broder! Sind wir immer noch Antisemiten? Schnellroda: Antaios (= kaplaken, Bd. 36) 2013. 96 S., 8.50 €  Nils Wegner


Vergesst Broder nicht! Aber widersprecht ihm (und Gerd Buurmann), kritisiert ihn und sagt ihm ins Gesicht, dass es nicht nur lächerlich, sondern sogar verdachterregend ist, wenn einer immer so tut, als könne er kein Wässerchen trüben und erst recht, wenn ein Kollektiv so tut!! Die Juden wollen bei jeder Hochzeit die Braut sein und bei jedem Begräbnis die Leiche.

Es kann doch nicht sein, dass auch nur die leiseste Kritik an Juden oder an jüdischer Kultur oder sogar nur die Ansicht, es gebe „typisch jüdische“ Denkmuster, ständig als Antisemitismus geschmäht und abgestempelt wird. Angst ist manchmal ein sehr guter Berater, aber Panik nicht unbedingt. Es kann nicht sein, dass Juden (im Gegensatz zu Neapolitanern, Sizilianern, Griechen, Deutschen, Amerikanern, Schweizern, Spartanern, Preußen und Muslimen) a l s J u d e n über alle Kritik erhaben sind und nicht a l s J u d e n kritisiert werden können (sondern immer nur als Individuen unter Nennung von Vor- und Hinternamen, Reiter und Ross, Kegel und Kind, nie aber verallgemeinernd unter Nennung eines gemeinsamen Nenners) und somit als Ethnie, Volk, Nation oder auch nur kultureller Traditionsverband ohne negatives Feedback leben müssen. Warum? Weil alle Menschen nur Menschen sind und Kritik b r a u c h e n und dies nicht nur für Individuen gilt, sondern auch für Kollektive.


 Den Adolf gemacht

Melzer obsiegt ausnahmsweise

Broder ist kein Weiser





3 Kommentare:

  1. Gutartiges Geschwulst2. Dezember 2016 um 18:54

    "Es kann doch nicht sein, dass auch nur die leiseste Kritik an Juden oder an jüdischer Kultur oder sogar nur die Ansicht, es gebe „typisch jüdische“ Denkmuster, ständig als Antisemitismus geschmäht und abgestempelt wird."

    Welche Beispiele haben Sie dafür, dass dies geschieht?

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Gutartiges Geschwulst2. Dezember 2016 um 21:35

      Wer etwas behauptet, muss Beispiele erbringen, sofern er glaubhaft sein will. Offenbar legen Sie auf Glaubwürdigkeit keinen Wert.

      Löschen
    2. Umgekehrt wird ein Schuh draus: Welche Beispiele können Sie mir nennen, bei denen es nicht geschieht?

      Löschen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.