Kann es ein – üblich polemisch aufgemachtes – Buch Henryk M. Broders
wert sein, daß man sich in einer eigenen Gegenschrift daran abarbeitet?
Günter Scholdt, emeritierter Professor für Literaturwissenschaft und bis
2011 Leiter des Literaturarchivs Saar-Lor-Lux-Elsass, ist offenbar
dieser Meinung. Seine Abrechnung mit Broders nur scheinbar
ikonoklastischem Werk Vergeßt Auschwitz! ist nun bei Edition Antaios in der kaplaken-Reihe als Band 36 erschienen.
Bereits die Kapitelüberschriften zeigen, daß Scholdts Anspruch
deutlich umfassender ist, als eine reine Antithese abzuliefern. Broder
dient hier nämlich nur als Stichwortgeber (inklusive seiner frechen
Unterstellung des populären »Antisemitismus aus schlechtem Gewissen« in
der postmodernen BRD). Scholdts wahres Anliegen ist eine
Bestandsaufnahme der allgegenwärtigen Antisemitismus-Vorwürfe in unserer
Zeit: von der begrifflichen Unschärfe aller Schlagworte mit dem Präfix
»anti-« über die Hysterie rund um das simple Aussprechen apokrypher
Wahrheiten und offener Geheimnisse bis hin zu den weltweiten,
knallhart-politischen Nutznießern jener »moralisch erzwungenen
Verdummung« (Egon Flaig).
Dabei vollbringt es der Autor, den scheinbar angestoßenen Diskurs
sachlich zu entzaubern. Bedeutsam ist dabei die Klarstellung der
moralischen Selbstüberhöhung der wenigen, die sich, wie Broder, aufgrund
ihrer Herkunft im argumentatorischen Minenfeld der Holocaust-Lobby frei
bewegen können. Ihr Dünkel der »verfolgenden Unschuld« (Scholdt) nimmt
selbst israelkritische Juden wie Evelyn Hecht-Galinski oder Norman
Finkelstein ins Visier; Broder selbst prozessierte bereits mehrfach in
dieser Richtung. Scholdt leitet daraus zutreffend ab, daß es gerade den
Deutschen unmöglich sei, durch noch so tiefe Kotaus und viele schöne
Worte den »strukturellen Vorurteilen« der Gegenseite zu entgehen.
Scholdts Beweisführung entlarvt Broders Intention, die Fixierung auf
alles, wofür das Pars pro toto »Auschwitz« steht, zugunsten einer noch
bedingungsloseren Anbindung an das heutige Israel aufzugeben. Daß dies
in einem feuilletonistischen, teils jovialen Tonfall geschieht, macht
das Büchlein nur flüssiger zu lesen und vermag die scheinbar
»häretischen« Aussagen für unsichere Leser verdaulich machen – ohne daß
dadurch Scholdts Argumentation ihren Biß verlieren würde . Für all jene,
die sich mit der Thematik bereits selbst auseinandersetzten, versammelt
das Werk lediglich bereits Bekanntes in geraffter und zugespitzter
Form.
Günter Scholdt: Vergeßt Broder! Sind wir immer noch Antisemiten? Schnellroda: Antaios (= kaplaken, Bd. 36) 2013. 96 S., 8.50 € Nils Wegner
Vergesst Broder nicht! Aber widersprecht ihm (und Gerd Buurmann), kritisiert ihn und sagt ihm ins Gesicht, dass es nicht nur lächerlich, sondern sogar verdachterregend ist, wenn einer immer so tut, als könne er kein Wässerchen trüben und erst recht, wenn ein Kollektiv so tut!! Die Juden wollen bei jeder Hochzeit die Braut sein und bei jedem Begräbnis die Leiche.
Es kann doch nicht sein, dass auch nur die leiseste Kritik an Juden oder an
jüdischer Kultur oder sogar nur die Ansicht, es gebe „typisch jüdische“
Denkmuster, ständig als Antisemitismus geschmäht und abgestempelt wird. Angst
ist manchmal ein sehr guter Berater, aber Panik nicht unbedingt. Es kann
nicht sein, dass Juden (im Gegensatz zu Neapolitanern, Sizilianern,
Griechen, Deutschen, Amerikanern, Schweizern, Spartanern, Preußen und Muslimen)
a l s J u d e n über alle Kritik erhaben sind und nicht a l s J u d e n
kritisiert werden können (sondern immer nur als Individuen unter Nennung von Vor- und Hinternamen, Reiter und Ross, Kegel und Kind, nie aber
verallgemeinernd unter Nennung eines gemeinsamen Nenners) und somit als Ethnie, Volk, Nation oder auch nur kultureller Traditionsverband ohne
negatives Feedback leben müssen. Warum? Weil alle Menschen nur Menschen
sind und Kritik b r a u c h e n und dies nicht nur für Individuen gilt,
sondern auch für Kollektive.
Den Adolf gemacht
Melzer obsiegt ausnahmsweise
Broder ist kein Weiser
"Es kann doch nicht sein, dass auch nur die leiseste Kritik an Juden oder an jüdischer Kultur oder sogar nur die Ansicht, es gebe „typisch jüdische“ Denkmuster, ständig als Antisemitismus geschmäht und abgestempelt wird."
AntwortenLöschenWelche Beispiele haben Sie dafür, dass dies geschieht?
Wer etwas behauptet, muss Beispiele erbringen, sofern er glaubhaft sein will. Offenbar legen Sie auf Glaubwürdigkeit keinen Wert.
LöschenUmgekehrt wird ein Schuh draus: Welche Beispiele können Sie mir nennen, bei denen es nicht geschieht?
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