Die Deutschen kommen einfach nicht zur Ruhe. Eine nicht enden wollende
Reihe von Nachrichten über Messerstechereien und andere Gewaltübergriffe
sorgt dafür, dass die Erinnerung an die schreckliche Anschlagserie
ständig aufgefrischt wird.
Die Verunsicherung umfasst die gesamte
Gesellschaft, von den sogenannten „Eliten“ bis hinunter zum Normalvolk.
Damit endet die Gemeinsamkeit von oben und unten aber auch schon.
Denn
während die Durchschnittsdeutschen eine ziemlich präzise Vorstellung
davon haben, woher die Gefahr rührt, sind die „Eliten“ immer noch
händeringend auf der Suche nach politisch-korrekten Ersatz-Auslösern der
Gewaltwelle.
Eine besonders beliebte Ausweichroute ist die
Behauptung, dass so etwas jedem passieren könnte, weil Gewaltneigung
oder Frauenverachtung gleichmäßig über alle Kulturen verteilt seien. Um
das zu belegen ist es wichtig, angebliche Ursachen auszugraben, die mit
Kultur oder Religion auf keinen Fall zusammenhängen können.
So lesen
wir im Intelligenzblatt „FAZ“, dass der Grund für die jähen Exzesse
junger Leute in der Pubertät liegen könne. Im Übergang zum Erwachsensein
komme es nämlich zu einem „Umbau im Kortex, in der Hirnrinde, (der)
dazu führt, Nervenstränge auch in dieser Region ... elektrisch zu
isolieren“. Das hätten britische Forscher erst neulich herausgefunden,
und weiter: „Mit den Myelin-Ummantelungen können die Nerven effizienter
und schneller miteinander kommunizieren“, dadurch würde „eine Reihe von
Genen aktiviert“, die man bisher mit der „Ausbildung von Schizophrenie
und Depression in Verbindung brachte“.
Ja, Donnerwetter! Ist das nicht rasend interessant? Was war noch mal
die Frage, die derzeit die Menschen so umtreibt? Hieß sie nicht: Woher
rühren die Exzesse von Paris über Brüssel bis nach Ansbach und Würzburg?
Falsch! Die Frage lautete: Wie bringe ich es zustande, mit
möglichst wissenschaftlichen Worten von den religiösen und kulturellen
Ursachen einer offensichtlich religiös und kulturell motivierten
Gewalt-Explosion abzulenken – religiös meint: Hass auf alle
Nichtmuslime, kulturell: Verachtung unserer modernen, abendländischen
Lebensweise.
Dass junge Männer aufbrausender sind und im Schnitt auch
häufiger kriminell werden, vor allem gewaltkriminell, als reifere
Leute, ist eine Binsenweisheit. Die Neigung zum Rabatzmachen ist
gewissermaßen die Regel, mit der sich die bluttriefenden Ausnahmen, die
Europa erschüttern, aber keineswegs erklären lassen. Zumal die
Einpeitscher, die hinter dem radikal-islamischen Terror stehen, ihre
Pubertät längst hinter sich haben.
Ärgerlicherweise lässt sich die
Mehrheit der Deutschen durch solche Ablenkungsmanöver kaum noch in die
Irre führen. Die Leute wissen, dass „Wir schaffen das“ krachend
gescheitert ist. Das hat Sigmar Gabriel mitbekommen und sucht nun einen
Pfad, über den er sich aus dem Rampenlicht der besinnungslosen
„Willkommenskultur“ davonstehlen kann. Ist Ihnen übrigens aufgefallen,
dass kaum noch jemand das Wort „Willkommenskultur“ in den Mund nimmt? Es
sei denn, mit sarkastischem Unterton? Eben, also höchste Zeit, das
Weite zu suchen, um Abstand zu gewinnen zur „Willkommens-Kanzlerin“.
Gabriel
zieht über Merkel her: „Einfach nur sagen, wir schaffen das, reicht ja
nicht. Man muss es auch machen.“ Man muss „es“ also auch machen. Und was
meint er mit „es“? Die Union habe es versäumt, die Voraussetzungen für
Integration zu schaffen, weil sie das Geld dafür nicht rausgerückt habe,
mosert der SPD-Chef.
Ach so, „die Union“ hat es demzufolge versäumt,
dem Axtschwinger von Würzburg seinen fanatischen Glauben und sein
jahrtausendealtes paschtunisches Sittengesetz mit den sehr speziellen
Begriffen von Ehre, Reinheit, Blutrache mal eben abzuerziehen, weil sie
zu geizig war. Gabriel meint demnach tatsächlich, man könne derart
tiefsitzende kulturelle Gegensätze im Schnellgang abbauen, wenn man nur
ein paar mehr Euronen auf den Tisch legt. Das ist schon fast putzig.
Dass
ausgerechnet der SPD-Chef an „Wir schaffen das“ herumzumäkeln beginnt,
ist ohnehin ein echtes Sahnestück. Vor einem Jahr noch wollten sich
besonders die Sozialdemokraten von niemandem überbieten lassen, wenn es
darum ging, jedwede Kritik am ungezügelten Massenzustrom verbal
niederzutrampeln. Uns brummen „Pack“, „Pöbel“ und „Mischpoke“ noch laut
genug in den Ohren, um Gabriels plötzlicher Kritik an Merkels
gedankenlosem Willkommens-Feldzug mit einem milden Grinsen zu begegnen.
Jetzt
warten wir noch, bis auch Daimler-Chef Dieter Zetsche auf Distanz zur
CDU-Vorsitzenden geht. Der hatte angesichts des Asylstroms gejubelt:
„Genau solche Leute suchen wir doch!“ Wir glauben es uns selbst kaum,
aber das ist erst elf Monate her — und der Mann führt seit zehn Jahren
einen Weltkonzern. Will er Gabriel folgen, müsste Zetsche zetern, dass
„die Union es versäumt hat, die Leute, die wir doch suchen, in zehn
Monaten vom Analphabeten zum Ingenieur auszubilden“. Ja, sowas auch!
Warum
zieht diesen Figuren eigentlich keiner die Ohren lang? Weil praktisch
die gesamte „Elite“ des Landes damals vollkommen neben der Kappe lief.
Da ist schlicht keiner dabei, der den anderen jetzt die Leviten lesen
könnte, ohne mit dem Finger auf sich selbst zeigen zu müssen. Deshalb
bohren sie sich gegenseitig in der Nase auf der Suche nach
Kleinigkeiten, nach dem kleinen Zusatz-Irrtum im ganz großen
Gesamtversagen.
Die Hoffnung auf wirtschaftlichen Mehrwert durch die
Asylsucher will man in Berlin trotz aller Enttäuschungen nicht völlig
aufgeben. Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) hat sich daher
etwas ausgedacht, wovon nicht nur sämtliche Mitglieder irgendeiner
Minderheit, also auch alle Asylsucher, profieren sollen, sondern womit
sich auch zigtausende Anwälte und Lobbyisten eine goldene Nase verdienen
können.
Nicht wie bisher bloß die Opfer, sondern auch
Antidiskriminierungsverbände und -stellen sollen laut ADS gegen
angebliche Fälle von Diskriminierung klagen dürfen. Die könnten dann
„auf der Suche nach angeblichen Diskriminierungen durch Deutschland
ziehen und Heerscharen von Juristen beschäftigen“, prophezeit
Unionsfraktions-Vize Michael Fuchs. Und warum ist die ADS so scharf
darauf? Fuchs weist darauf hin, dass einer der Autoren des Vorschlags
ein Grünen-Politiker sei, der „sein Geld ansonsten mit der Beratung von
Antidiskriminierungsstellen“ verdiene.
Aha. Übrigens sollen laut
Fuchs nach dem Wunsch der ADS künftig sogar Dritte für Diskriminierungen
haftbar gemacht werden, das heißt, wie der Politiker entsetzt
schlussfolgert: „Wenn ein Mieter einen anderen Mieter rassistisch
beleidigt, muss der Vermieter dem Diskriminierungsopfer Schadenersatz
zahlen.“ Das wird dem Wohnungsmarkt ganz bestimmt auf die Sprünge
helfen.
ADS-Leiterin Christine Lüders hat diese Woche noch einen
weiteren Pfeil aus dem Köcher gezogen. Ähnlich wie für Frauen und
Behinderte will sie der Wirtschaft eine Mindestquote für Immigranten in
Führungspositionen aufdrücken.
Das haben wir schon geahnt, nachdem
sie die Frauenquote durchgedrückt hatten: Dies war erst der Anfang. Nach
und nach werden die Antidiskriminierungs-Funktionäre eine Quote nach
der anderen erzwingen. Irgendwann spielt es keine Rolle mehr, ob jemand
qualifiziert ist, sondern nur, ob er einer bestimmten Gruppe angehört
und einen guten Anwalt hat, der seine „Diskriminierung“ in Gold zu
verwandeln weiß.
Man wird das Gefühl nicht los, dass einflussreiche
Kreise daran arbeiten, das deutsche Wirtschaftswunder zu wiederholen,
nur diesmal rückwärts: So rasant das Land damals aus der Asche
emporstieg, so rasch soll es jetzt wieder abstürzen. Hans Heckel
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