Stationen

Dienstag, 30. August 2016

Verantwortung sieht anders aus

L’etat c’est moi – in einer Woche wissen wir mehr. „Der Staat bin ich!" will der Sonnenkönig nie gesagt haben, genauso wenig wie Marie-Antoinette nie gesagt haben soll: „Wenn sie kein Brot haben, dann sollen sie doch Kuchen essen!" Bei Marie-Antoinette ist es nicht ganz so gut ausgegangen. Mit dem Übernehmen von Verantwortung tun sich die Absolutisten schon immer schwer.

So ist es auch bei Angela, der Alternativlosen. Wenn es eines Tages ernst wird, wird sie elegant beiseitetreten und die Kugel trifft irgendeinen nützlichen Idioten, der dumm genug war, sich hinter sie zu stellen. Nicht die Kanzlerin hat die Energiewende entschieden, sondern ein paar sich geehrt fühlende Knallchargen einer dubiosen Ethikkommission. Und über die Flüchtlingskrise? Es gibt nichts Schriftliches.
Kurz nach dem Tsunami in Japan und nur ein paar Tage vor den Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz beschloss Angela Merkel zusammen mit fünf Länder-Ministerpräsidenten die Sofortstillegung – das so genannte „Dreimonatsmoratorium“ - von sieben Kernreaktoren in Deutschland, die alle mit einer gerade um 10 Jahre verlängerten ordentlichen Betriebsgenehmigung ausgestattet waren und vor sich hin produzierten. Die Betreiber wurden nicht einmal angehört. So eine Vorgehensweise ist in Deutschland gesetzwidrig und könnte auch Enteignung genannt werden.
Das Bundesverwaltungsgericht erklärte die Anordnung dann auch folgerichtig für rechtswidrig. Als Angela Merkel vor dem Untersuchungsausschuss des Hessischen Landtages dazu aussagen musste – es war der zweite Fall in der Geschichte der Bundesrepublik, dass ein Kanzler vor einem Untersuchungsausschuss aussagen muss – erklärte sie sich schlichtweg für „nicht zuständig“. Es habe keine entsprechende Weisung aus Berlin gegeben, die Atomaufsicht sei schließlich Ländersache.
Das nach der Fukushima-Katastrophe von Bundesregierung und Ländern beschlossene AKW-Moratorium sei zwar eine gemeinsame politische Entscheidung gewesen, für die Umsetzung seien aber rechtlich die Länder zuständig gewesen. Es habe auch keine „Weisung“ an die Länder gegeben, sagte Merkel mehrfach in einer fast dreistündigen Zeugenvernehmung.

Interessant ist: Kohl musste noch persönlich vor dem Untersuchungsausschuss erscheinen. Der hessische Untersuchungsausschuss hingegen reiste nach Berlin an den Hof und trat bei der Herrscherin im Kanzleramt an.

Ergebnis - die Weisung haben sich die Ministerpräsidenten nur eingebildet. Und bezahlen muss es sowieso der Steuerzahler.
So hat Angela Merkel auch nichts mit der Energiewende zu tun, schließlich handelte die Regierung lediglich auf eine Empfehlung der eilig zusammengeschusterten Ethikkommission, bei deren Berufung durch die Kanzlerin ganz zufällig Fachleute aus- und vorgelassen wurden.

So empfahlen drei ehemaliger Minister, ein Professor für Umformtechnik, zwei Soziologen, zwei Landesbischöfe, ein Präsident des Katholikenverbandes, ein Gewerkschaftsführer, ein Präsident der UNESCO, eine Philosophin, eine Wirtschaftswissenschaftlerin und eine amerikanische Politikwissenschaftlerin die Zukunft der Elektroenergieerzeugung im hochindustrialisierten Deutschland.

Sie wurden „berufen“ von einer Frau, die eigentlich als „Physikerin“ schon wissen sollte, dass Katholizismus nichts mit Kathoden zu tun hat und Umformtechnik nichts mit Umspannwerken. Von der Qualifikation ehemaliger Minister, Soziologen und Politikwissenschaftler für Energiesysteme ganz zu schweigen. Auf deren Empfehlung hin beschloss der Bundestag am 30. Juni 2011 einen deutschen Alleingang, der nun den Steuerzahler Jahr für Jahr fast 30 Milliarden Euro kostet und bestenfalls zu nichts führt.
Bei der folgenschwersten Entscheidung der Nachkriegsgeschichte wurde der Bundestag erst gar nicht mehr gefragt. In der Nacht vom 4. auf den 5. September entschied die Kanzlerin gegen deutsches und europäisches Recht hunderttausende Flüchtlinge unkontrolliert aus Ungarn nach Deutschland zu lassen. Nicht nur Deutschland wurde entgrenzt, sondern auch die Macht der mächtigsten Frau der Welt. Diese, das ganze Land und seine Zukunft verändernde Entscheidung hat Bundeskanzlerin Angela Merkel offenbar ohne „schriftliche Vorbereitung“ getroffen. Das erklärte das Kanzleramt auf Anfrage des „Spiegels“. „In Situationen, in denen eine zeitnahe Entscheidung erforderlich ist, lässt sich der Leitungsbereich nicht selten mündlich oder fernmündlich informieren und beraten“, erklärte eine Mitarbeiterin des Kanzleramts.
Seltsamerweise ist die „zeitnahe Entscheidung“ nach einem Jahr immer noch in Kraft und wird dazu führen, dass im Jahre 2016 eine weitere Million Menschen mit Hilfe des „Sesam öffne dich“ gleichen Zauberwortes „Asyl“ im deutschen sozialen Netz aufgefangen werden müssen.

Der Steuerzahler zahlt das ja.
Das Dubliner Abkommen „ausgesetzt“? Wozu sind Gesetze da? Um sie kraft der Richtlinienkompetenz einer Basta-Frau „auszusetzen“. Für die l’etat c’est moi-Kanzlerin kein Problem, geht mit dem Smartphone ganz einfach und lässt sich ohne etwas Schriftliches hinterher kaum gerichtsfest nachweisen. Und die Bundestagsabgeordneten können auch in Zukunft beruhigt weiter im Plenarsaal auf den Handis daddeln, es gibt keine Entscheidung des Bundestages über diese Frage. Jeder der 631 Volksvertreter wird eines Tages berechtigt sagen können: „Ich bin’s nicht gewesen, ich wurde nicht einmal gefragt“.
Es geht deshalb so einfach, weil bei absolutistischen Herrschern die Entourage jedes Wimperklimpern als gottgegebene Anweisung wertet und den Hofberichterstattern keinerlei Kritik an der Sonnenkanzlerin einfällt. Es geht deshalb so einfach, weil die Opposition im Bundestag ein Witz geworden ist, und die echte Opposition in den moralischen Untergrund verbannt wurde und von dort aus einen fast aussichtslos erscheinenden Kampf gegen Verleumdung, Verächtlichmachung und absolutistische Macht führt.
Und es müsste schon ein Wunder geschehen, damit diese schüchterne Resistance einen Machtwechsel herbeiführt. Dazu müsste sie bei den Wahlen nämlich weit über 50% der Stimmen bekommen, weil sonst die GaGroKO (Ganz grosse Koalition aus CDUCSUSPDFDPGRÜNELINKE) an die Macht kommt und die Sonnenkanzlerin genauso weitermachen kann, wie bisher. Derzeit lassen Ihre Majestät uns noch auf ihre Entscheidung warten, im Jahre 2017 huldvoll erneut als mächtigste Frau der Welt antreten wird. Was zu befürchten ist.
In einer Woche wissen wir ein wenig mehr. Dann hat der wirkliche Souverän, im Politikerdeutsch auch gern Angstbürger, Latenznazi, verrohte Mitte oder Pack genannt, einmal mehr gesprochen. Die Frage ist: wie lange lässt sich ein Volk den politischen Stinkefinger zeigen. Ernsthafte Prognosen über die kommende Wahl sind ja selten geworden. Meine Prognosen mache ich mir selbst aus den Leserzuschriften, welche die Hürden überwinden. Danach sieht es nicht ganz so gut aus für unsere Sonnenkanzlerin, der ja angeblich - großzügig aufgerundet - noch "fast jeder zweite Deutsche" huldigt.   Manfred Haferburg

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