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Montag, 8. August 2016

Kopftuch statt Kreuz

BERLIN. Der Bund Deutscher Verwaltungsrichter hat davor gewarnt, daß Richterinnen mit Kopftuch das Vertrauen in die Unabhängigkeit der Justiz erschüttern könnten. Dies gelte besonders, wenn Prozeßbeteiligte nicht islamischen Glaubens seien, sagte Verbandschef Robert Seegmüller der Nachrichtenagentur dpa.
Dazu müßte der Bekleidungskodex jedoch neu geregelt werden. „Soweit eine solche Regelung mit einer Beschränkung der Religionsfreiheit von Richterinnen und Richtern verbunden ist, müßte sie mindestens in Gesetzesform erfolgen. Möglicherweise wäre sogar eine Änderung des Grundgesetzes erforderlich.“
Hintergrund ist ein Urteil des Augsburger Verwaltungsgerichts, das der Klage einer moslemischen Rechtsreferendarin stattgab, die sich durch das Kopftuchverbot im Gericht diskriminiert sah. Das Landgericht München hatte der Frau zuvor untersagt, bestimmte öffentliche Tätigkeiten auszuüben. Laut dem Augsburger Gericht fehlte dafür jedoch eine gesetzliche Grundlage.  JF


POTSDAM. Weil sich Besucher über das Kreuz im CDU-Fraktionssaal des Brandenburger Landtages beschwert hatten, soll es künftig bei Führungen von Besuchergruppen abgenommen werden. Der Fraktionssaal werde auch für Informationsveranstaltungen bei Besuchergruppen genutzt, darunter Schulklassen, sagte Landtagssprecher Mark Weber.„Da kamen immer wieder Beschwerden, warum dort ein christliches Kreuz in einem öffentlichen Gebäude hängt.“
Das Kreuz wurde daraufhin mit Magneten versehen und kann nun nach Belieben abgenommen werden. Bei der CDU sorgte das Vorgehen für Kritik. „Da rückten aus heiterem Himmel Arbeiter mit Magneten an, die in der Wand verankert wurden“, berichtete Fraktionssprecherin Franziska Rode.
„Es ist schon bizarr, zu was Vorschriften führen können“, sagte der Landtagsabgeordnete und CDU-Generalsekretär Steeven Bretz: „Wir sind aber sicher, daß der Schutz des lieben Herrgotts darunter nicht leiden wird.“  JF


BERLIN. Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes hat die Ausweitung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) gefordert. Ähnlich wie bei Frauen und Behinderten solle der Gesetzgeber „positive Maßnahmen“ auch für Einwanderer ergreifen. Eine solche Maßnahme sei etwa eine Quote für Führungsposten in der Wirtschaft oder eine Diversity-Pflicht für Unternehmen, heißt es in einem unveröffentlichten Evaluationsbericht, der der Welt vorliegt.
Zudem sollten künftig nicht mehr nur betroffene Privatpersonen klagen können, die sich von Arbeitgebern, Vermietern oder Dienstleistern benachteiligt fühlen. Auch Verbände, Gewerkschaften und die Antidiskriminierungsstelle selbst sollten diese Befugnis bekommen. Die Frist, bis zu der dem Arbeitgeber ein konkreter Verstoß mitgeteilt werden muß, solle von derzeit zwei Monaten auf ein halbes Jahr ausgeweitet werden, heißt es in dem Bericht.
Überdies empfehlen die Gutachter, neben Alter, Geschlecht, ethnischer Herkunft, Religion oder sexuelle Ausrichtung weitere Bereiche in das Gesetz aufzunehmen. Niemand solle wegen seiner Weltanschauung, seines Einkommens oder seiner sozialen Stellung bei der Bewerbung um eine Wohnung oder einen Arbeitsplatz sowie als Kunde benachteiligt werden dürfen.
Laut Welt gingen die Autoren in ihrem Gutachten deutlich über die europarechtlichen Vorgaben hinaus. Sie waren die Grundlage dafür, daß das AGG vor zehn Jahren eingeführt worden war. Mehrfach hatte der Europäische Gerichtshof in den vergangenen Jahren die bestehenden Regeln in Deutschland für ausreichend befunden.
In Deutschland gebe es Diskriminierungen, die „in signifikanter Größenordnung und nicht nur vereinzelt stattfinden“, heißt es in dem Bericht. Fast jeder dritte Bürger sei in den vergangenen zwei Jahren wegen Alter, Geschlecht oder eines anderen im AGG angeführten Kriteriums benachteiligt worden. Ein besonders hohes Diskriminierungsrisiko gebe es im Arbeitsleben, schreiben die Autoren. Sechs Prozent der Betroffenen hätten geklagt.
Die Antidiskriminierungsstelle hatte für das Gutachten das „Büro für Recht und Wissenschaft“ beauftragt. Dessen Leiter Alexander Klose ist zudem als Fachreferent für Migrations- und Flüchtlingspolitik in der Fraktion der Berliner Grünen tätig. Die Leiterin der Stelle, Christine Lüders, wird den Bericht am Dienstag vorstellen.  JF

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