BERLIN. Der Bund Deutscher Verwaltungsrichter hat davor gewarnt, daß
Richterinnen mit Kopftuch das Vertrauen in die Unabhängigkeit der Justiz
erschüttern könnten. Dies gelte besonders, wenn Prozeßbeteiligte nicht
islamischen Glaubens seien, sagte Verbandschef Robert Seegmüller der
Nachrichtenagentur dpa.
Dazu müßte der Bekleidungskodex jedoch neu geregelt werden. „Soweit
eine solche Regelung mit einer Beschränkung der Religionsfreiheit von
Richterinnen und Richtern verbunden ist, müßte sie mindestens in
Gesetzesform erfolgen. Möglicherweise wäre sogar eine Änderung des
Grundgesetzes erforderlich.“
Hintergrund ist ein Urteil des Augsburger Verwaltungsgerichts, das
der Klage einer moslemischen Rechtsreferendarin stattgab, die sich durch
das Kopftuchverbot im Gericht diskriminiert sah. Das Landgericht
München hatte der Frau zuvor untersagt, bestimmte öffentliche
Tätigkeiten auszuüben. Laut dem Augsburger Gericht fehlte dafür jedoch
eine gesetzliche Grundlage. JF
POTSDAM. Weil sich Besucher über das Kreuz im CDU-Fraktionssaal des
Brandenburger Landtages beschwert hatten, soll es künftig bei Führungen
von Besuchergruppen abgenommen werden. Der Fraktionssaal werde auch für
Informationsveranstaltungen bei Besuchergruppen genutzt, darunter
Schulklassen, sagte Landtagssprecher Mark Weber.„Da kamen immer wieder
Beschwerden, warum dort ein christliches Kreuz in einem öffentlichen
Gebäude hängt.“
Das Kreuz wurde daraufhin mit Magneten versehen und kann nun nach
Belieben abgenommen werden. Bei der CDU sorgte das Vorgehen für Kritik.
„Da rückten aus heiterem Himmel Arbeiter mit Magneten an, die in der
Wand verankert wurden“, berichtete Fraktionssprecherin Franziska Rode.
„Es ist schon bizarr, zu was Vorschriften führen können“, sagte der
Landtagsabgeordnete und CDU-Generalsekretär Steeven Bretz: „Wir sind
aber sicher, daß der Schutz des lieben Herrgotts darunter nicht leiden
wird.“ JF
BERLIN.
Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes hat die Ausweitung des
Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) gefordert. Ähnlich wie bei
Frauen und Behinderten solle der Gesetzgeber „positive Maßnahmen“ auch
für Einwanderer ergreifen. Eine solche Maßnahme sei etwa eine Quote für
Führungsposten in der Wirtschaft oder eine Diversity-Pflicht für
Unternehmen, heißt es in einem unveröffentlichten Evaluationsbericht,
der der Welt vorliegt.
Zudem sollten künftig nicht mehr nur betroffene Privatpersonen klagen
können, die sich von Arbeitgebern, Vermietern oder Dienstleistern
benachteiligt fühlen. Auch Verbände, Gewerkschaften und die
Antidiskriminierungsstelle selbst sollten diese Befugnis bekommen. Die
Frist, bis zu der dem Arbeitgeber ein konkreter Verstoß mitgeteilt
werden muß, solle von derzeit zwei Monaten auf ein halbes Jahr
ausgeweitet werden, heißt es in dem Bericht.
Überdies empfehlen die Gutachter, neben Alter, Geschlecht, ethnischer
Herkunft, Religion oder sexuelle Ausrichtung weitere Bereiche in das
Gesetz aufzunehmen. Niemand solle wegen seiner Weltanschauung, seines
Einkommens oder seiner sozialen Stellung bei der Bewerbung um eine
Wohnung oder einen Arbeitsplatz sowie als Kunde benachteiligt werden
dürfen.
Laut Welt gingen die Autoren in ihrem Gutachten deutlich
über die europarechtlichen Vorgaben hinaus. Sie waren die Grundlage
dafür, daß das AGG vor zehn Jahren eingeführt worden war. Mehrfach hatte
der Europäische Gerichtshof in den vergangenen Jahren die bestehenden
Regeln in Deutschland für ausreichend befunden.
In Deutschland gebe es Diskriminierungen, die „in signifikanter
Größenordnung und nicht nur vereinzelt stattfinden“, heißt es in dem
Bericht. Fast jeder dritte Bürger sei in den vergangenen zwei Jahren
wegen Alter, Geschlecht oder eines anderen im AGG angeführten Kriteriums
benachteiligt worden. Ein besonders hohes Diskriminierungsrisiko gebe
es im Arbeitsleben, schreiben die Autoren. Sechs Prozent der Betroffenen
hätten geklagt.
Die Antidiskriminierungsstelle hatte für das Gutachten das „Büro für
Recht und Wissenschaft“ beauftragt. Dessen Leiter Alexander Klose ist
zudem als Fachreferent für Migrations- und Flüchtlingspolitik in der
Fraktion der Berliner Grünen tätig. Die Leiterin der Stelle, Christine
Lüders, wird den Bericht am Dienstag vorstellen. JF
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