Durch die längste Zeit der Geschichte formen überzählige
Jünglinge schlagkräftige Armeen, erobern fremde Territorien, besiegen
ihre Soldaten, schwängern ihre Frauen und leben von den Unterworfenen.
Das Musterbeispiel liefern europäische Länder, die sich zwischen 1493
und 1918 rund 90 Prozent der Erde holen und währenddessen pro Frau sechs
Kinder aufziehen, so dass sie Millionen Siedler abgeben, Kriegs- und
Seuchenverluste absorbieren und gleichzeitig daheim von 50 auf 500
Millionen Einwohner zulegen können.
Wer von den Eingeborenen der Neuen Welt die Eindringlinge
unterstützt, wird von ihresgleichen als Verräter verachtet. Die von
Europas überlegenen Waffen getöteten Widerstandskämpfer werden als
Helden verehrt. Das Christentum erscheint als morbider Kult: „Der Gott
Kastiliens hat Tote lieber als Andersgläubige“, formulieren aztekische
Priester. Deshalb frevelt, wer sich zu ihm bekehrt. Und doch wird im 16.
Jahrhundert der Katholizismus zur religio triumphans nicht
anders als heute der Islam.
Dass seine Anhänger nicht als Christen,
sondern als Christianisten zum Ausrotten schreiten, bleibt historisch so
irrelevant wie heute die Botschaft freundlicher Muslime über eine
liebenswürdige Seite ihrer Religion.
Im September 2015 beginnt Europa die Abschaffung der überkommenen
Praktiken gegen junge Männer, die nicht nur im besten Kampfalter stehen,
sondern in daheim laufenden Kriegen ihre Ziele verfehlen und deshalb
anderenorts nach Siedlungsmöglichkeiten suchen. In ihren
Herkunftsgebieten liegen die Geburtenraten – wenn auch in einem kürzeren
Zeitraum – noch höher als damals bei den europäischen Welteroberern.
Allein Afrika springt zwischen 1950 und 2015 von 230 Millionen auf
knapp 1,2 Milliarden und will 2050 sogar mit doppelt so viel Menschen
prunken. Nur kleine Verbände davon, die dennoch gleich siebenstellig zu
Buche schlagen, überwinden 2015 Europas Grenzen, obwohl sie nicht einmal
Waffen einsetzen. Sie erleben ihren Durchbruch als so unerhört, dass
sie sich immer wieder mit Einladungen von ganz oben rechtfertigen. Sie
sind mit allem Recht fassungslos, stammen sie doch aus Ökonomien, die
global chancenlos sind und deren Schüler bei internationalen
Wettbewerben immer wieder auf den untersten Rängen landen. Dennoch
schaffen sie es mitten in die Hauptstädte der einstigen Großmächte.
Den Polizei- und Militärverbänden in Westeuropa werden die
waffentechnisch simple Grenzsicherung zu Wasser, zu Lande und in der
Luft verboten. Die Stillhaltebefehle kommen nicht von Herrschern der
Hereindrängenden, sondern von höchsten demokratischen Amtsinhabern der
Zielländer. Gleichwohl denkt niemand daran, diese Politiker wegen
Landesverrat zu belangen. Im Gegenteil! Ihre Sprecher fordern Verehrung
für die Durchsetzung der Menschenrechte. In deren Namen werden die
Bürger in nie für möglich gehaltener bürokratischer Schnelligkeit um
dreistellige Milliardenbeträge für die Versorgung der jungen Männer aus
Afrika und dem Islambogen erleichtert.
Weil die doch schon am Aufbau funktionierender Wirtschaften daheim
scheitern, müssen ihre Gastgeber diesen Schritt des Lebens aus der
angestammten Bevölkerung organisieren. Als der Zugriff auf die
einheimischen Frauen beginnt, wird das in staatlich gelenkten Medien
verschwiegen. Falls doch einmal die Polizeiprotokolle bekannt werden,
werben Experten um Verständnis für die Probleme der Täter. Längst in
Vergessenheit geratene Feministinnen werden ermutigt, vergewaltigte
Frauen als Rechtsradikale hinzustellen, die nur darauf aus seien, den
Respekt vor den fremden Heerscharen zu unterminieren.
Wer der lauthals gepriesenen Gottheit der Fremden nicht umgehend
Hochachtung entgegenbringt, wird auf immer als Rassist an den
Internet-Schandpfahl gestellt. Wer für die Verteidigung der Heimat gar
zur Waffe greift, gilt nicht etwa als Partisan, sondern wird von der
eigenen Seite als Gewaltverbrecher festgenommen. Immer geht es darum,
liebedienerisch wie Unterjochte zu handeln, ohne bereits besiegt zu
sein. Das wirkt so fremd, aber auch grandios, dass Faszination und
Schrecken nahe beieinanderliegen.
Komplikationslos verläuft diese Umwertung allen bisherigen
Staatsverständnisses allerdings nicht. Ein Teil der Elite in Berlin
ahnt, dass jedwede Umvolkung – ob dazumal mörderisch von Deutschland
gegen Nachbarn oder jetzt mit noch wenigen Bluttaten gegen Deutschland
gerichtet – ihr Harmonieversprechen nicht erfüllen wird. Um aus dieser
Einsicht erwachsenden Widerstand zu lähmen, beginnen Intellektuelle aus
der zweiten oder dritten Reihe ihre Jagd auf immer schon beneidete
Köpfe, die einstweilen noch beherzt mahnen. Von der Regierungsspitze
inspirierte Kampagnen dürfen sie als Propagandisten à la
Goebbels niedermachen, ja, man zeichnet sie wie Judenverfolger, als
wolle man vergessen machen, dass so viele der Hereingeholten ein Leben
lang zum Judenmord erzogen wurden.
Folgen andere Staaten der – im Juni 2016 neuerlich bekräftigten –
Berliner Linie, ändert Europa sein Antlitz tiefgreifend. Erträumt hier
oder als ökonomisch unhaltbar eingeschätzt dort könnte – allerdings mit
anderer Konfession und schlechterem Wetter – eine Art Brasilien
entstehen. Angela Merkel wüchse in diesem wie auch immer konvulsiven
Prozess zu wahrhaft welthistorischer Größe heran.
Noch muss sie kämpfen,
weil – so PEW Research – bis Mai 2016 nur 26 Prozent in
Deutschland glauben, dass die Kanzlerin ihr Land zu einem besseren Ort
gemacht habe, während 31 Prozent das Gegenteil konstatieren. Selbst
unter Engländern, die immerhin für den Wiedergewinn ihrer Grenzhoheit
den Brexit wählen, betrachten 33 Prozent die Migranten als Vorteil für
ihr Land, während sie bei der Ablehnung mit den Deutschen gleichauf
liegen.
In den Niederlanden dagegen erkennen sogar 36 Prozent nur Negatives
und lediglich 17 Prozent Positives. Wenn nicht einmal dieser – bisher
als folgsamer Partner gehandelte – Staat mitzieht, werden sich auch die
übrigen Europäer vor Deutschland immer stärker schützen. Dafür brauchen
sie keineswegs den Marsch in die nationale Kleinstaaterei anzutreten.
Sie könnten kleinere, aber immer noch multinationale Verbände bilden, um
optimale Räume zu gestalten, die sich gegen Kompetenzverlust und Terror
schützen lassen. Berlin würde erst dann dazu gebeten, wenn es die
Identität der Nachbarn nicht mehr bedroht. Merkels Experiment wäre zwar
gescheitert, aber ein Platz im Kabinett historischer Fehltritte wäre ihr
immer noch sicher.
Alte Mitkämpfer könnten ihre Entscheidungen so
nostalgisch erinnern, wie die „guten Seiten“ früherer staatlicher
Monster verklärt werden.
Weil mehr für das Scheitern als den Erfolg des Experiments spricht,
läuft sich ein Ersatz für die Kanzlerin bereits warm. Die
Verteidigungsministerin von der Leyen kündigt an, Bundeswehrsoldaten im Inneren
auf Gegner schießen zu lassen, die sie zuvor an der Grenze nicht
aufhalten durften. Ist das die Rückkehr zum bewährten Umgang mit
„Barbaren vor den Toren“? Nähert man sich womöglich sogar Frankreich,
dass nicht nur daheim im Kriegszustand lebt, sondern auch fern in Syrien
Leute bombardieren lässt, damit sie nicht nach Paris übersiedeln? Gunnar Heinsohn
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