Ich habe Angst. Ich bin ein Nazi, deshalb habe ich Angst. Eigentlich
stimmt das nicht ganz. Ich bin gar kein Nazi und auch nicht im Ansatz
rechtsradikal. Ich bin auch noch nie konservativ gewesen, und wäre links
so progressiv, wie es eigentlich sein sollte, wäre ich links.
Aber die
öffentlich-rechtlichen Fernsehsender, Spiegel Online, Heiko Maas und
Facebook wollen mir einreden, dass ich rechtsradikal bin.
Ich werde bald 28, meine Mutter ist ein Althippie und ich habe drei
Uniabschlüsse. Sozial bin ich gut integriert, jedenfalls solange ich
meine Klappe halte. Sobald ich meine Meinung sage, werde ich zur
Aussätzigen. Ich frage mich, in welches Land ich einmal auswandern
werde.
Warum? Weil ich islamkritisch bin und nicht mit Merkels
Flüchtlingspolitik einverstanden. Ich wage es, diese Meinung auch noch
zu äußern - vor allem auf Facebook. Ich tue schlimme Dinge: ich teile
kritische Artikel von Islamkritikern mit Migrationshintergrund (oder
sogar von Broder!) oder weise darauf hin, dass es seit 09/11 fast 29.000
islamistische Terroranschläge gab. Ein paar Leute trauen sich, meine
Beiträge zu liken. Ein paar sagen mir unter vier Augen, dass sie meine
Beiträge gut finden. Aber das würden sie niemals öffentlich zugeben.
Denn auch sie haben Angst. Eine Freundin steht vor der Verbeamtung. Da
muss man natürlich aufpassen, was man sagt. Heiko is watching.
Viele meiner Facebook-Freunde haben mich schon gelöscht. Viele sind
still, aber ich weiß, dass sie meine Meinung verachten. Nach den
Wahlerfolgen der AfD haben viele von ihnen dazu aufgefordert, dass
AfD-Unterstützer sich umgehend selbst aus ihren Freundeslisten löschen
mögen. Nach islamistischen Terroranschlägen werden Beiträge darüber
geteilt, dass wir jetzt umso mehr gegen die Diskriminierung von Muslimen
kämpfen müssen. Und gerade erst ging ein Video der Tagesschau herum –
mit dem Inhalt, dass es wahrscheinlicher ist, beim Essen zu ersticken,
als bei einem Terroranschlag zu sterben.
Diese Leute haben sicherlich keine Freude daran, wenn ich sie auf die
oben genannten fünf islamistischen Terroranschläge pro Tag hinweise
oder darauf, dass es ziemliche Nazi-Methoden sind, Andersdenke so zu
behandeln. Trotzdem bleiben sie meine Facebook-Freunde und kommentieren
meine Beiträge nicht. Sie beobachten mich im Stillen. Sie sind wie
Gaffer bei einem Unfall: sie finden meine Beiträge schrecklich, aber sie
können nicht wegschauen. Ich bin der Unfall.
Dabei bin ich eigentlich kein besonders gefährlicher Typ. Ich komme
dem Postboten entgegen, trage mein Paket selber hoch und gebe ihm
Trinkgeld. Ich bin Mitglied im Tierschutzverein und habe einen
bosnischen Straßenhund adoptiert. Ich habe die Holocaust Gedenkstätte
Yad Vashem in Jerusalem besucht und bitterlich geweint. Aber irgendwie
bin ich doch rechtsradikal.
Ich beobachte immer wieder, wie Profile von islamkritischen Autoren,
die ich auf Facebook abonniere, gesperrt werden – oft sogar die von
Autoren, die selbst aus islamischen Ländern stammen. Ein türkischer
Kommilitone teilt währenddessen Videos von Pierre Vogel. Zugegeben,
eigentlich ist das schon fast witzig, aber eben das verstehen die Leute
ja nicht! Und mir geht der Humor langsam aus. Unsere aufklärerischen
Werte sind ernsthaft in Gefahr und als ich noch ein Kind war, habe ich
nie gedacht, dass ich mir einmal um diese Werte Sorgen machen werde.
Wenn ich Intoleranz kritisiere, bin ich dann wirklich intolerant?
Soll ich wirklich still sein, wenn ein kritischer Blogger verhaftet,
eine vergewaltigte Frau gesteinigt, eine unehrenhafte Schwester ermordet
wird? Oder vielleicht ein Schwuler oder ein Jude? Wieso will mir
Spiegel Online jeden Tag einreden, dass ich ein schlechter Mensch bin
und wieso teilen meine Facebook-Freunde begeistert, dass AfD-Anhänger
nicht mehr Mitglied im Fußballfanclub vom BVB sein dürfen? Sind denn
alle um mich herum verrückt geworden? Vielleicht ist es für die Leute
leichter, mich für einen schlechten Menschen zu halten, als sich mit
Inhalten auseinanderzusetzen. Vielleicht halten mich Andere auch nicht
gar nicht für einen schlechten Menschen – immerhin wissen sie das mit
meinem Straßenhund! – sondern im besten Fall für dumm, naiv oder
charakterlich schwach und anfällig für die Propaganda der
Rechtspopulisten.
Ich will mal Professorin werden und ich traue mich, meine
unerwünschte Meinung öffentlich zu machen. Dafür lasse ich mich
vielleicht noch als geisteskrank, aber bestimmt nicht als charakterlich
schwach bezeichnen. Ich verstehe nicht, warum sachliche Islamkritik
nicht existieren darf. Der Islam ist kein Mensch. Es kann per
definitionem gar nicht rassistisch sein, eine Weltanschauung zu
kritisieren. Und Weltanschauungen haben nicht das Grundrecht, immun
gegen Kritik zu sein.
Wir leben in einer Zeit, in der man sich sehr leicht Informationen
beschaffen kann. Man kann den Koran lesen, man kann sich die zahlreichen
Studien über die Einstellungen von Muslimen, die in westlichen Ländern
leben, beschaffen, man kann sich ein Bild darüber machen, wie
Menschenrechte ganz besonders in islamischen Ländern verletzt werden.
Und wie hier vor allem Frauen, Homosexuelle, Transgender und religiöse
oder nicht-religiöse Minderheiten behandelt werden.
Die meisten meiner Bekannten sind Akademiker. Gerade sie sollten
gelernt haben, sich Informationen zu beschaffen und sie kritisch zu
reflektieren. Aber gerade bei ihnen setzt diese Fähigkeit bei den
„unbeliebten“ Themen wie Islamkritik vollkommen aus. Was wäre wohl los,
wenn Scientologen fünf Anschläge pro Tag verüben, Schwule umbringen und
Frauen verschleiern würden? Oder Neonazis?!?
Wo ist der Unterschied? Der Unterschied ist, dass man den Islam
einfach nicht kritisieren darf. Warum? Einfach, weil es so ist. Punkt.
Und weil es so in der Zeitung steht. Weil man dann rechts ist, ein Nazi
und rassistisch. Und Nazi sein ist doof.
Ich bin der Nazi. Jeden Tag, wenn ich Zeitung lese - und ich lese
viel Zeitung - wird das bestätigt. In Diskussionen werde ich beschimpft.
Meine Meinung ist nicht willkommen. Dabei tue ich nichts als
Menschenrechtsverletzungen, intolerante Ansichten und Meinungszensur zu
kritisieren. Und das macht mir Angst.
Marisa Kurz, geboren 1988, hat zwar im Doppelstudium Biochemie
und Philosophie studiert und abgeschlossen, will aber Ärztin werden.
Deshalb studiert sie seit 2014 Humanmedizin in München und promoviert in
Medizinethik. Ihr vollintegrierter bosnischer Straßenhund hat seit
kurzem einen EU-Haustierausweis. Marisa schreibt nebenbei Texte und
versucht sie bei namhaften Blättern zu veröffentlichen.
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