Ich möchte versuchen, mit wenigen Worten Zeugnis abzulegen von einem üblen Erlebnis, dessen Zeuge und in gewisser Hinsicht auch Opfer ich in Berlin geworden bin. Zu verstehen und zu vermitteln, warum es mich aufs tiefste schockiert hat.
In Berlin befand ich mich aus Anlass der Beerdigung von Angelika Schrobsdorff, einer halbjüdischen deutschen Schriftstellerin, mit der ich zehn Jahre verheiratet war. Ich hatte, ohne mir viel dabei zu denken, ein Zimmer im Kempinski am Kurfürstendamm gebucht, das Hotel ist mir seit 1986 vertraut, ich logierte hier, als ich erstmals meinen Film „Shoah“ in Berlin vorstellte.
Vor achtundvierzig Stunden saß ich in meinem Zimmer und durchstöberte die „Gebrauchsanweisung“ des Hotels, in der die verschiedenen Dienstleistungen beschrieben werden. Zu den Unterlagen gehört die Liste mit den Vorwahlnummern für die verschiedensten Länder der Welt. Aufgeführt sind Rumänien, die Vereinigten Staaten, Thailand, Belgien, die Ukraine . . . Beim flüchtigen Überfliegen stießen meine Augen auf „Italien“, und „Italien“ löste eine reflexartige Reaktion aus. Der Name beginnt mit I - wie Israel.
Und nun schaute ich zweimal hin: Wir sind in Berlin, im August 2016, im Hotel Kempinski, und Israel existiert nicht. Israel fehlt auf der Liste der Länder, die man aus dem Zimmer direkt anrufen kann. Man muss die Vorwahl für die Verbindung erst in Erfahrung bringen - es gibt den entsprechenden Hinweis am Ende der Liste: „Für Länder, welche hier nicht aufgelistet sind, erfragen Sie bitte die Nummer bei der Telefonzentrale unter der Durchwahl 9.“
Die Ländervorwahl von Israel, das nicht auf der Liste ist, kenne ich auswendig: 972. Ich war entgeistert: Wie ist es möglich, im Jahre 2016 in Berlin, der Hauptstadt des neuen Deutschlands, dass Israel eliminiert, getilgt, ausgemerzt wird? Dass Israel ausradiert wird, hatte ich in Gaza erlebt, in einer eher ruhigen Phase, als ich dort die arabischen Schulen besuchte. Man zeigte mir die Karten der Region: Israel war auf ihnen nicht verzeichnet, denn Israel darf in den Köpfen der Araber nicht existieren. Hier und jetzt, in Berlin, das Gleiche: Israel wird von der Telefonliste gestrichen.
Voller Angst und Empörung begab ich mich zur Rezeption und fragte nach einem Verantwortlichen des Hotels. Ein durchaus freundlicher Mann kam und sagte mir: „Monsieur, es macht mich glücklich, dass Sie diese Frage aufwerfen. Ich bin selbst Jude, es handelt sich bei der Maßnahme um eine bewusste Entscheidung der Direktion des Kempinski-Hotels, gegen die wir leider machtlos sind.“
Aber warum? Ich war völlig niedergeschlagen: Gibt es dafür eine Erklärung? Seine Antwort: „Die Mehrheit unserer Kundschaft sind Araber, und sie haben verlangt, dass Israel gestrichen werde.“ Wie auf den geographischen Karten in Gaza. Israel existiert nicht. Ich stand an der Rezeption, es war zehn Uhr abends, und blickte um mich. Die Hotelhalle war voller Kinder, dreißig müssen es gewesen sein, in kurzen Hosen, sie fühlten sich sichtlich zu Hause, sie kümmerten sich um keinerlei Belange des Anstands. Es kam mir wie eine Art Besatzung vor.
Man wird wohl leicht verstehen, dass ich von dieser Szene schockiert war. 2016, in Berlin, im Kempinski, wo ich 1986 erstmals übernachtet hatte, als in mehreren Vorstellungen bei den Festspielen mein Film „Shoah“ aufgeführt worden war, der die Deutschen im Herzen getroffen hatte - schon wieder „das“?
Es war grauenhaft. Alles um mich herum schien wieder möglich zu werden. Nicht nur die Auferstehung des Nationalsozialismus. Auch alle seine zeitgenössischen Ausformungen, zu denen die Terroranschläge mit massenhaft Opfern genauso wie die Messerstechereien aus der Nähe gehören. Und so weiter, und so weiter.
Kurz, es geht mir einfach darum, jene zu informieren, welche diese Zeilen lesen, und sie aufzufordern: Handelt ohne Umschweife. Denn man kann nicht gegen den arabischen Terrorismus kämpfen und gleichzeitig erlauben, dass in einem der nobelsten und wichtigsten Hotels in Berlin Israel ausgemerzt wird.
Israel ausmerzen heißt zu verlangen, dass die Israelis ausgemerzt werden. Dass man sie tötet. Claude Lanzmann
Während ich diese Zeilen kopiere&paste wird beim Lucerne Festival gerade wundervoll Gustav Mahlers 8. Symphonie (Programm) aufgeführt. Mahlers Lieblingsoper war „L'amico Fritz” von Mascagni!
Der deutsch-jüdische Eiertanz geht weiter.
Veni, creator spiritus, mentes tuorum visita; imple superna gratia, quae tu creasti pectora. Qui Paraclitus diceris, donum Dei altissimi, fons vivus, ignis, caritas, et spiritalis unctio. Infirma nostri corporis virtute firmans perpeti; accende lumen sensibus, infunde amorem cordibus. Hostem repellas longius, pacemque dones protinus; ductore sic te praevio vitemus omne pessimum. Tu septiformis munere, dexterae paternae digitus; Per te sciamus da Patrem, noscamus Filium, spiritum credamus omni tempore. Da gaudiorum praemia, da gratiarum munera; dissolve litis vincula, adstringe pacis foedera. Gloria Patri Domino, Deo sit gloria et Filio natoque, qui a mortuis surrexit, ac Paraclito
in saeculorum saecula.
Hrabanus Maurus Magnentius
HEILIGE ANACHORETEN - CHOR UND ECHO Waldung, sie schwankt heran, Felsen, sie lasten dran, Wurzeln, sie klammern an, Stamm dicht an Stamm hinan. Woge nach Woge spritzt, Höhle, die tiefste, schützt. Löwen, sie schleichen stumm, Freundlich um uns herum, Ehren geweihten Ort, Heiligen Liebeshort. PATER ECSTATICUS (auf und abschwebend) Ewiger Wonnebrand Glühendes Liebeband, Siedender Schmerz der Brust, Schäumende Gotteslust! Pfeile, durchdringet mich, Lanzen, bezwinget mich, Keulen, zerschmettert mich, Blitze, durchwettert mich! Daß ja das Nichtige Alles verflüchtige, Glänze der Dauerstern, Ewiger Liebe Kern! PATER PROFUNDUS (tiefe Region) Wie Felsenabgrund mir zu Füßen Auf tiefem Abgrund lastend ruht, Wie tausend Bäche strahlend fließen Zum grausen Sturz des Schaums der Flut Wie strack, mit eig'nem kräft'gen Triebe, Der Stamm sich in die Lüfte trägt; So ist es die allmächt'ge Liebe, Die alies bildet, alles hegt. Ist um mich her ein wildes Brausen, Als wogte Wald und Felsengrund, Und doch stürzt, liebevoll im Sausen, Die Wasserfülle sich zum Schlund, Berufen gleich das Tal zu wässern: Der Blitz, der flammend niederschlug, Die Atmosphäre zu verbessern, Die Gift und Dunst im Busen trug, Sind Liebesboten, sie verkünden, Was ewig schaffend uns umwallt. Mein Inn'res mög' es auch entzünden, Wo sich der Geist, verworren, kalt, Verquält in stumpfer Sinne Schranken, Scharf angeschloss'nem Kettenschmerz. O Gott! beschwichtige die Gedanken, Erleuchte mein bedürftig Herz! ENGEL (schwebend in der höhern Atmosphäre, Faustens Unsterbliches tragend) Gerettet ist das edle Glied Der Geisterwelt vom Bösen: Wer immer strebend sich bemüht, Den können wir erlösen; Und hat an ihm die Liebe gar Von oben teilgenommen, Begegnet ihm die sel'ge Schar Mit herzlichem Willkommen. CHOR SELIGER KNABEN (um die höchsten Gipfel kreisend) Hände verschlinget euch Freudig zum Ringverein, Regt euch und singe Heil'ge Gefühle drein! Göttlich belehret, Dürft ihr vertrauen; Den ihr verehret, Werdet ihr schauen. DIE JÜNGEREN ENGEL Jene Rosen, aus den Händen Liebend-heiliger Büßerinnen, Halten uns den Sieg gewinnen Und das hohe Werk vollenden, Diesen Seelenschatz erbeuten. Böse wichen, als wir streuten, Teufel flohen, als wir trafen. Statt gewohnter Höllenstrafen Fühlten Liebesqual die Geister, Selbst der alte Satans-Meister War von spitzer Pein durchdrungen. Jauchzet auf! Es ist gelungen. DIE VOLLENDETEREN ENGEL (Chor mit Altsolo) Uns bieibt ein Erdenrest Zu tragen peinlich, Und wär' er von Asbest Er ist nicht reinlich. Wenn starke Geisteskraft Die Elemente An sich herangerafft, Kein Engel trennte Geeinte Zwienatur Der innigen beiden; Die ewige Liebe nur Vermag's zu scheiden. DIE JÜNGEREN ENGEL Ich spür' soeben, Nebelnd um Felsenhöh', Ein Geisterleben. Regend sich in der Näh' Seliger Knaben, Seh' ich bewegte Schar Los von der Erde Druck, Im Kreis gesellt, Die sich erlaben Am neuen Lenz und Schmuck Der obern Welt. Sei er zum Anbeginn, Steigendem Vollgewinn Diesen gesellt! DIE SELIGEN KNABEN Freudig empfangen wir Diesen im Puppenstand; Also erlangen wir Englisches Unterpfand. Löset die Flocken los, Die ihn umgeben! Schon ist er schön und groß Von heiligem Leben. DOCTOR MARIANUS (in der höchsten, reinlichsten Zelle) Hier ist die Aussicht frei, Der Geist erhoben. Dort ziehen Frauen vorbei, Schwebend nach oben, Die Herrliche mitterin Im Sternenkranze, Die Himmelskönignen, Ich seh's am Glanze, Höchste Herrscherin der Welt! Lasse mich im blauen, Ausgespannten Himmelszelt Dein Geheimnis schauen! Bill'ge, was des Mannes Brust Ernst und zart beweget Und mit heil'ger Liebeslust Dir entgegen träget! Unbezwinglich unser Mut, Wenn du hehr gebietest; Plötzlich mildert sich die Glut, Wenn du uns befriedest. DOCTOR MARIANUS, CHOR Jungfrau, rein im schönsten Sinn, Mutter, Ehren würdig, Uns erwählte Königin, Göttern ebenbürtig. CHOR Dir, der Unberührbaren, Ist es nicht benommen, Daß die leicht Verführbaren Traulich zu dir kommen. In die Schwachheit hingerafft, Sind sie schwer zu retten; Wer zerreißt aus eig'ner Kraft Der Gelüste Ketten? Wie entgleitet schnell der Fuß Schiefem, glattem Boden! CHOR DER BÜSSERINNEN (und Una poenitentium) Du schwebst zu Höhen Der ewigen Reiche, Vernimmt das Flehen, Du Gnadenreiche! Du Ohnegleiche! MAGNA PECCATRIX (Luke 7) Bei der Liebe, die den Füßen Deines gottverklärten Sohnes Tränen ließ zum Balsam fließen, Trotz des Pharisäer-Hohnes: Beim Gefäße, das so reichlich Tropfte Wohlgeruch hernieder: Bei den Locken, die so weichlich Trockneten die heil'gen Glieder. MULIER SAMARITANA (John 4) Bei dem Bronn, zu dem schon weiland Abram ließ die Herde führen: Bei dem Eimer, der dem Heiland Kühl die Lippe durft' berühren: Bei der reinen, reichen Quelle, Die nun dorther sich ergießet, Überflüssig, ewig helle, Rings durch alle Welten fließet. MARIA AEGYPTIACA (Acta Sanctorum) Bei dem hochgeweihten Orte, Wo den Herrn man niederließ: Bei dem Arm, der von der Pforte, Warnend mich zurücke stieß, Bei der vierzigjähr'gen Buße, Der ich treu in Wüsten blieb: Bei dem sel'gen Scheidegruße, Den im Sand ich niederschrieb. MAGNA PECCATRIX, MULIER SAMARITANA, MARIA AEGYPTIACA Die du großen Sünderinnen Deine Nähe nicht verweigerst, Und ein büßendes Gewinnen In die Ewigkeiten steigerst: Gönn' auch dieser guten Seele, Die sich einmal nur vergessen, Die nicht ahnte, daß sie fehle Dein Verzeihen angemessen! UNA POENITENTIUM (sonst Gretchen genannt, sich anschmiegend) Neige, neige, Du Ohnegleiche, Du Strahlenreiche, Dein Antlitz gnadig meinem Glück! Der früh Geliebte, Nicht mehr Getrübte, Er kommt zurück. DIE SELIGE KNABEN (in Kreisbewegung sich nähernd) Er überwächst uns schon An mächt'gen Gliedern, Wird treuer Pflege Lohn Reichlich erwidern. Wir wurden früh entfernt Von Lebechören; Doch dieser hat gelernt, Er wird uns lehren. UNA POENITENTIUM Vom edlen Geisterchor umgeben, Wird sich der Neue kaum gewahr, Er ahnet kaum das frische Leben, So gleicht er schon der heil'gen Schar Sieh, wie er jedem Erdenbande Der alten Hülle sich entrafft, Und aus ätherischem Gewande and, Hervortritt erste Jugendkraft! Vergönne mir, ihn zu belehren, Noch blendet ihn der neue Tag! MATER GLORIOSA Komm! Hebe dich zu höhern Sphären! Wenn er dich ahnet, folgt er nach. DOCTOR MARIANUS UND CHOR (auf dem Angesicht anbetend) Blicket aut zum Retterblick, Alle reuig Zarten, Euch zu sel'gem Glück Dankend umzuarten! Werde jeder bess're Sinn Dir zum Dienst erbötig; Jungfrau, Mutter, Königin, Göttin, bleibe gnädig! CHORUS MYSTICUS: Alles Vergängliche Ist nur ein Gleichnis; Das Unzulängliche, Hier wird's Ereignis; Das Unbeschreibliche, Hier ist's getan; Das Ewig-Weibliche Zieht uns hinan.
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